Ehe ich zu meinem Hauptthema komme, dem Vernichten innovativer Ideen in den Händen von Bürokraten, ein Blick auf Afghanistan. Dort sah man in den vergangenen Tagen den Wahnsinn der Arroganz des Westens kollabieren wie zuvor vielleicht nur in den letzten Tagen des Vietnamkriegs. Die diesen Krieg nach 9/11 begonnen und dann 20 Jahre weitergeführt haben, das sind offenbar keine »lernenden Organisationen«.
Wer denkt bei so einem Debakel, bei Covid 19, dem zunehmenden Druck aufs ‚Durchimpfen‘ und der Bundestagswahl noch an was anderes? – Wir! Denn eine neue Welt braucht ein neues, transnarratives Bewusstsein. Wie kommen wir dort hin? Durch eine neue Art der Bildung. Eine neue Art, wie junge Menschen in das hineinwachsen dürfen, wer sie sind. Ein neues Coming-of-Age.
Das Crowdfunding läuft
Das wollen wir mit dem BoB erschaffen, dem Bachelor of Being. Dem Prototypen eines 5-Monats-Retreats für junge Erwachsene. Ende Oktober werden wir damit auf dem Kragenhof bei Kassel beginnen. Die jungen Menschen (im Alter von 18 bis 25) strömen auf uns zu. Medien wie NDR, ZEIT, HNA und die Dokumentarfilmer von The Story of a New World (sehenswerter Trailer) interessiert das. Die alten Institutionen hingegen checken es noch nicht. Die für Bildung zuständigen Ministerien wollen immer noch nur für einen Arbeitsmarkt ausbilden, den es bald nicht mehr gibt, anstatt Räume zu schaffen für das Heranwachsen gesunder, krisenfähiger, ganzer Menschen. Auch die Stiftungen fördern überwiegend im Rahmen des neoliberalen Wirtschaftsmodells oder retten dessen Verlierer, die »Benachteiligten«, selten jedoch die mit dem Potential zur Veränderung. Deshalb haben wir eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, in der wir uns auch mit einem kleinen Film vorstellen.
Mehr als zwei Jahre haben wir mit Freude, Elan und Durchhaltevermögen für dieses zukunftsträchtige Projekt ehrenamtlich gearbeitet. Höchste Zeit, es jetzt finanziell auf sichere Füße zu stellen, denn wir wollen, dass binnen zehn Jahren jeder zehnte junge Erwachsene in Deutschland an einem solchen oder ähnlichen Orientierungssemester bzw. Selbstfindungsretreat teilnehmen kann. Finanziert vom Staat, so wie bei uns die Schulen, Hochschulen und das Freiwillige Soziale Jahr. Seit 150 Jahren sind auch die außerschulischen Volkehøjskolen Skandinaviens vom Staat finanziert und haben diese Länder in so vieler Hinsicht weltweit zum Vorbild gemacht. Für uns sind sie ein Vorläufer unseres Bachelor of Being.
Kampf mit der Bürokratie
Doch nun zum eigentlichen Thema dieses Blogeintrags: Tod durch Verwaltung. Dass die Verwalter des Alten die Todfeinde des Neuen sind, ist ja nicht nur für uns Bildungsinnovatoren eine frustrierende Erfahrung. Auch in anderen Gesellschaftsbereichen kennt man das. Der Umgang mit den alten Institutionen ist zermürbend und ermüdend. Bei der Anstragstellerei schotten sich willige Pioniere einer lebenswerten Zukunft Wochen und Monate ab, bereit, die »Kunst der Antragslyrik« zu erlernen und sich in etablierte Strukturen einzupassen. Von Ablehnung zu Ablehnung raffen sie sich immer wieder neu auf und verbessern ihre »Lyrik« von Mal zu Mal immerhin um Nuancen.
Ich bewundere sie, diese Unverdrossenen! Wie sich diese lebendigen, feinfühligen, ethisch hoch motivierten Menschen, abgeschirmt vom Kontakt mit der Wirklichkeit des echten, pulsierenden Lebens (das es in diesen Coronazeiten leider auch draußen kaum gab) aussetzen. Wie sie ihr Selbstvertrauen in kafkaesken Situationen testen lassen, bis zu den höchsten Stufen der Demütigung durch Bürokraten, deren Arroganz nur noch von ihrer Ignoranz übertroffen wird. Vor teils zum Bersten gefüllten Fördertöpfen lässt das Ancien Régime diese noblen Menschen wie Bittsteller verhungern, erniedrigt sie durch unnötige, überlange Wartezeiten, automatisierte Antworten und schließlich die unbegründete Absage eines Bürokraten der untersten Ränge (oder war das ein Roboter?). Der lange Wege zu einer solchen Absage wird unterbrochen durch gelegentliche Zurechtweisungen, dass ein nur für Eingeweihte verständliches Formular auf der siebten Seite unten rechts im zweiten Absatz des zwölften Unterabschnitts der Forderungen dieser Institution nicht korrekt ausgefüllt wurde. Von unseren Zielen beseelt fügen wir uns in die absurden Vorschriften dieser Verwalter, die sich in von Juristen formulierten Satzungen und Regelungen verstecken, deren Sinn sich einem lebensfrohen Menschen nicht mehr erschließt.
Übrigens betrifft dieses Leiden unter der Bürokratie nicht nur die Antraggesteller gemeinnütziger Projekte, sondern Gründer ganz allgemein. Und zwar ganz besonders in Deutschland, sagen mir Menschen, die in Deutschland gründen wollten, an der Bürokratie aber so sehr verzweifelten, dass sie deshalb das Land verlassen haben. Bei der gemeinnützigen Orientierungszeiten GmbH, die wir im Juni gegründet haben als Träger für unseren BoB, durften wir das auch erleben. Es war eine Realsatire auf den Bühnen des Alltags deutscher Ämter. Die Einzelheiten erspare ich euch.
Meine Lebenspartnerin Imke-Marie, die Gründerin des BoB, betont immer wieder, dass sie mit dem One-Stop-Shop zu ihrem Erstaunen erstmals eine Idee der FDP gut fand. In Estland kann man in 18 min gründen, in Deutschland dauert es durchschnittlich 75 Tage, steht auf der Webseite der FDP, wo sie ihr Konzept des One-Stop-Shops vorstellen und in realistischer Weise der tatsächlichen Praxis in Deutschland humorvoll gegenüberstellen. Den anderen Parteien kann man doch nur empfehlen, das zu übernehmen. Die paar arbeitslosen Notare, von denen sie dann nicht mehr gewählt werden, das ist zu verkraften.
Update Deutschland
Nur Dank so vieler begeisterter Einzelner, die durch Zufall oder persönliche Bekanntschaft von unserem Projekt erfuhren und sich dann für uns eingesetzt haben, kann der Prototyp unseres Bildungsprojektes dieses Jahr starten. Ein paar Institutionen haben wir für uns gewinnen können. Darunter erstaunlicherweise auch eine Förderung durch »Update Deutschland«, eine gut gemeinte Initiative des Bundeskanzleramtes zur Neugestaltung der Gesellschaft nach der Pandemie – »nach« der Pandemie? Möge diese Zeit bitte irgendwann kommen!
Wird der BoB sich so vervielfältigen lassen, dass in zehn Jahren jede Zehnte eines Jahrgangs an sowas teilnehmen kann? Wenn nicht, können wir uns dann vielleicht wenigsten ökologisch kompostieren lassen? Der Umgang nicht nur mit dem Leben, auch der mit dem Tod ist ja bei uns in Deutschland von Bürokraten dominiert. Von der lobenswerten Schweizer Initiative Exit spreche ich gerne ein ander Mal, denn jetzt sind wir noch (seufz … es steigt wieder Hoffnung in mir auf) beim Entrance, nicht beim Exit.
Sich entwickeln, mitten im Leben
Ans Ende dieses hoffentlich disruptiv-kreativen Lamentos setze ich nur wenige Links. Der erste gehört noch zum BoB. Er verweist auf einen gratis Online-Kurs zum Kennenlernen der philosophischen Landkarten, die auch uns im Bachelor of Being begeistern: das Modell der Spiral Dynamics. Hier vorgestellt von Tim Böhme, einem von uns im Team, und von Karl Hosang, einem unser Unterstützer. Der zweite Link führt zu einem Interview mit Imke-Marie und mir in der Neuen Denkerei Kassel, einem Co-Working Space hier bei uns in der Kasseler Innenstadt.
Nun noch zu dem Interview, welches das Schweizer TV in der Sendung »Sternstunde Philosophie« mit dem Berliner Schauspieler Lars Eidinger geführt hat, über Schauspiel, Bühne, Leben und Präsenz. Sehr sehenswert!!!
Solche Gespräche – und solche Theaterpraxis, anwendbar übrigens auch im Umgang mit der Bürokratie –, wollen wir auch im BoB haben. Deshalb hier nochmal zu unserem Crowdfunding. Bitte weitersagen! Und den Link weitergeben! Und spenden! Auch kleine Summen helfen. Jede Spenderin darf sich bei uns im »Walk of Being« mit ihrem Namen zeigen und damit signalisieren, dass sie in diesen kritischen Zeiten auf der richtigen Seite steht. Cis! (Dass wir als, äh …. Transnarrative auch die auf der anderen Seite respektieren, ist doch klar 😇)
Veranstaltungen mit mir
Vom 1. bis 5. September bin ich auf Gut Frohberg zum BeFree Sommerfestival, wo das von mir entwickelte experimentelle Matching, mit dem die Tn ihren Partnersuch- und Finde-Strategien auf die Schliche kommen können, dort eines der Abend-Events sein wird.
Am WE 10. bis 12. September bin ich auf dem Lebensgut Pommritz zum Anukan-meets-BecomeLove-Festival mit einem Vortrag und einem Workshop zum Thema Berührung.
Am 16.9. bin ich von 19.30 bis 21 h mit Klaus Sadādāsa in einem Online-Gespräch über die Ernsthaftigkeit im Tantra zu hören und zu sehen.
Am 6. November gebe ich im Rahmen des buddhistisch-christlichen Thementags unter dem Motto »Die tiefe Verbundenheit oder der große Segen« am Nachmittag zwei kurze Workshops zum Thema »Ich bin durchlässig«. Im Haus am Dom von 9 h bis 17 h.
So ein abgespecktes Mao-Prinzip wäre ne Lösung,
aber bitte ohne Millionen Tote.
Bürokratieabbau mit Wattebäuschchen geht auch nicht.
Es geht einfach nicht, auch nicht bei der EU.
Wo will man denn abfangen?
Mit dem papierlosen Büro?
Ich kenne keines.
Also, neues Thema …
Sehr oft reizen mich die Titel von Artikeln, Beiträgen oder Büchern mehr als der Inhalt…eigentlich leicht zu verstehen. Bei „Tod durch Verwaltung“ sind brachliegende Erkenntnisse wieder auferstanden. Wie ein Dominoeffekt bewegten sich diese drei Worte durch mein Bewusstsein und fanden dort überall ein Fleckchen zum Verweilen. Im Grunde kann man sich fast schon als glücklich lebendig schätzen, wenn man die todbringende Wirkung von Verwaltung – Regeln, Vorschriften, Maßgaben – noch spürt und wahrnimmt. In dem Film „KeinOhrHasen“ wird ein Junge mit einem Dartpfeil im Kopf in die Klinik gebracht. Trotz dieser offensichtlichen Notlage wird immer noch stumpfsinnig nach Krankenkassenkarte und… Weiterlesen »
Leben ist nach vorne gerichtet
Bürokraten, Politiker und Verwalter wollen das Bestehende bewahren, also das Leben bremsen.
Ich erinnere hier an das: »das kleine rote schülerbuch«, das Mißstände im Bildungswesen aufzeigte, von denen bis heute nichts, aber auch gar nichts, von Politikern und Beamten behoben worden ist.