Heute ist der letzte Tag meines Winteraufenthalts auf der Insel La Palma. Wie so oft frage ich mich: Was bleibt? 

Was bleibt von mir, wenn mein Erdenleben vorüber ist? Was bleibt von meinem Kind, meinen Freunden und Geliebten, und von meinem Werk? Was bleibt von Homo sapiens, wenn diese Spezies den Weg der Zerstörung des sie tragenden Biotops bis ans Ende gegangen ist? Und was wird aus unserem Planeten, der seit der Kambrischen Explosion eine so wunderbare Vielfalt an Leben hervorgebracht hat, wenn die Sonne in ein paar Milliarden Jahren zum Roten Riesen geworden ist und alles Leben hier verglüht? 

Überlebenshilfe für die Art

Mein Mühen um Gesundheit und ein gutes Altern ist ja nicht das einzige Ziel meines Tuns. Ich habe ein Kind und möchte, dass auch andere Kinder und deren Kinder auf der Erde auch nach mir noch gut weiterleben können. Ich möchte, dass meine Bücher und was ich an Spuren im Internet, dem Gedächtnis der Menschheit hinterlasse, auch nach meinem Tod noch Menschen erfreuen und geistig bereichern. Und, wie seltsam das auch klingen mag, das ist mir in diesen Jahren noch wichtiger geworden als mein eigenes, kleines Leben: Ich möchte dazu beitragen, den Suizid des Homo sapiens zu verhindern. 

Warum das? Die meisten der Spezies, die hier auf der Erde gelebt haben, sind doch ausgestorben. Warum diese Sorge, dass mit Homo sapiens bald eine weitere ausstirbt? Die anderen fünf Arten von Homo gibt es schon nicht mehr, und es gab Katastrophen, da starben noch viel mehr: Bei dem Massensterben an der Grenze zwischen den Erdzeitaltern Perm und Trias vor 252 Millionen Jahren starben 75% der Arten aus, die es damals gab. Ähnlich schwer getroffen wurde die Artenvielfalt auf der Erde vor 66 Millionen Jahren, als ein Asteroid auf der Erde einschlug, da starben 70-75% aller Tierarten aus, unter ihnen die Dinosaurier. 

Alles geht dahin

Warum also diese Sorge um mein kleines Leben, und in diesem Leben die vielen kleinen Verluste? Hier mal was vergessen, dort was liegen gelassen, ein schönes Ereignis nicht mehr erinnert, Geld verloren, eine Chance nicht ergriffen, was ist das alles schon angesichts der Erdzeitalter und dem Alter des Universums?

Das war’s

 

Während ich hier auf La Palma jeden Morgen noch vor Sonnenaufgang am Meeresrand mit den Wellen tanze, barfuß im nassen Sand. Da hinterlasse ich Spuren. Aber für wie lange? Die Spuren meines Erdenlebens werden in 50, spätestens 250 Jahren nicht mehr erkennbar sein. Mit den Spuren meiner Füße hier im nassen Sand geht es viel schneller, schon nach wenigen Minuten ist der Sand wieder glatt. 

Das Meer, aus dem alles Leben auf der Erde entstanden ist, wischt die Spuren dieses Individuums von Homo sapiens schon nach Minuten wieder glatt. Dieses eine Exemplar der Landlebewesen dieser Spezies, von denen jetzt ungefähr 8 Milliarden die Erde bevölkern, macht von der Biomasse her nicht viel aus, und noch viel weniger zählen seine Spuren. Während er unverdrossen am Rand des mütterlichen Ozeans entlang läuft, barfuß im nassen Sand.

Unverdrossen geh‘ ich weiter, Schritt für Schritt

Die Fotos zu diesem Text habe ich heute tagsüber aufgenommen, bei hohem Wellengang, denn morgens am Wasser habe ich keine Kamera dabei.