Ist die Welt noch zu retten? Die Natur wird uns überleben, das ist sicher, denn es gab auch vor dem Anthropozän schon Phasen starker Reduktion der Biodiversität. Vor 252 Millionen Jahren starben etwa 95 Prozent aller marinen Lebensformen aus und etwa 75 Prozent der Landfauna. Vor 65 Millionen Jahren starben nach einem Asteroiden-Einschlag rund 70 Prozent aller Tierarten aus, was die Saurier vernichtete und dann die Säugetiere sich entfalten ließ. 

Dennoch empfinde ich Melancholie bei dem Gedanken, dass ich vielleicht einer der letzten Generationen angehöre. Nach den zwei Millionen Jahren Entwicklung des Homo sapiens zum heutigen Menschen und dann – kürzlich – den 70.000 Jahren Kulturgeschichte wäre das ein ziemlich rapides Verschwinden einer doch irgendwie chancenreichen Spezies.

Ökozid und Renaturierung

Zur Zeit bin ich in der Neuseenlandschaft um Leipzig unterwegs. Wie hier die Natur nach dem Raubbau des Menschen sich die Landschaft zurückerobert, das tröstet. Wie wird die Welt nach Homo sapiens aussehen? So wie hier? Das wäre schön.

Einige sagen jedoch, dass nur Küchenschaben einen Atomkrieg überleben werden. Wenn es nicht so schlimm kommt und der Mensch nur seine Nahrungsquellen vernichtet und nicht einen Großteil des Biotops gleich mit, dann werden auch Säugetiere überleben, am ehesten Ratten, die sind robust.

Hier an den Seen aber fühlt es sich aber neben all der Melancholie über das mögliche Ende des Homo sapiens doch recht idyllisch an. Das Wasser der Seen ist klar und nicht überalgt. Alte Bäume gibt es hier noch nicht, aber auch unter den jungen kann man sich wohlfühlen. Ich bade hier jeden Tag, jogge und erkunde die Gegend mit dem Fahrrad.

Was anders werden muss

Was mich dieser Tage immer noch viel beschäftigt ist Yuval Noah Harari mit seinen Aussagen über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Menschen. Dass ich mich auf meine alten Tage doch nochmal zum Skizzieren eines politisches Programms habe hinreißen lassen, wer hätte das gedacht? Ich nicht. Daran ist auch Harari mit schuld. Er, der jeden Tag zwei Stunden meditiert und zudem zwei Monate im Jahr ein Retreat macht, in Abgeschiedenheit, mit Nachrichtenfasten. Ein Smartphone hat er eh schon nicht mehr, und er lebt vegan. Vipassana ist seine Meditation, und das ist auch sozusagen meine Heimat – the first cut is the deepest. Ich habe damit in ungefähr demselben Alter begonnen wie er und lasse mich nun von ihm ermutigen zu sowas wie: Politik als ein Crowd-Sourcing Projekt zu verstehen. Vielleicht brauchen wir das, jetzt, fünf Minuten vor zwölf. Auch wenn viele sagen, es sei schon fünf Minuten nach zwölf. 

Wer wie er die Heiligen Kühe des Mainstreams anrührt, macht sich auch Feinde. Hier ist einer: Michael Schmidt-Salomon von der Giordano Bruno Stiftung, der Harari in dieser Widerrede klug aber unfair angreift, denn Harari meint mit seiner Aussage von Hitler als einem » evolutionären Humanisten«, dass auch der skrupellose Rassist Hitler mit seiner Idee der Züchtung einer Herrenrasse den Menschen als das höchste Gut im Universum bewertete – ein Gut, das eben noch gebessert werden müsste, durch Züchtung einer Herrenrasse. Bei Schmidt-Salomon hingegen ist ein Humanist eine Art ideologiefreier Gutmensch – gemäß diesem Verständnis von „Humanist“ wäre Harari ein nahezu perfekter Humanist, weil für ihn die Minderung des Leidens das höchste Gut ist; allerdings berücksichtigt Harari dabei auch das Leiden der Nutztiere.

Politik und die reale Welt, ist das nicht auch ein bisschen komisch? Komisch, dass erst eine autistische Jugendliche uns zeigt, worauf es ankommt und worin man unerbittlich sein muss? Wie schade, dass Greta nun in die Klapse muss.

Das Internet weiß mehr über uns

Wie fand man damals einen Partner, wie findet man ihn heute? Seit 2013 finden in den USA die Menschen ihre Liebes- und Lebenspartner vor allem übers Internet. 2017 waren es 40 %, die auf diese Weise ihren Partner fanden, und es steigt weiter an, auch in Deutschland. Sind diese Partnerschaften weniger langlebig als die nach früheren Methoden (Freunde, Familie) gefundenen? Nein, sagen die Forscher. Das Internet weiß eben inzwischen mehr über uns selbst als sogar beste Freunde. 

Was die Partnersuche anbelangt, hat das Vorteile. Es können jedoch auf diese Weise Diktatoren und Weltfirmen uns ausspionieren – Google und Facebook tun das auf höchst professionelle Weise, sie haben längst ein realistischeres Profil von jedem von uns erstellt, der Google oder Facebook nutzt. Dieses Profil von uns ist realistischer als wir selbst es könnten, die genannten Firmen (und andere) nutzen es bereits für ihre Zwecke. Ist das verhinderbar? Kaum. Es bräuchte dafür eine Revolution im Umgang mit den persönlichen Daten, was mir im aktuellen Weltwirtschaftssystem als unrealisierbar erscheint. Auch ein Rückzug aus dem öffentlichen Leben ist kaum mehr möglich, denn Kameras an öffentlichen Orten können uns inzwischen sogar am Gang eindeutig erkennen und so unsere Wege verfolgen.

Obenrum und untenrum

Wie passen Geist und Körper zusammen, unsere animalische, menschliche und göttliche Natur? Zum Beispiel beim Küssen. Das Küssen verbindet ja nicht nur zwei Menschen miteinander, sondern auch Körper, Herz und Seele. Darf man sogar Fremde küssen? Tatia Pilieva hat in The First Kiss 20 einander bis dato noch Fremde zu einem Kuss vor der Kamera eingeladen.

Ich habe dazu ein Kussritual entwickelt, bei dem Menschen, die das vorher noch nie mit einem ‚Fremden‘ gemacht haben, sich schauend, atmend, schnuppernd einander näher kommen können, wenn sie wollen bis hin zur Mund-zu-Mund Berührung, und biete das nun im Kontext von BeFree Tantra an. Zeitgleich hat auch eine junge Frau namens Sonya ein Kussritual entwickelt, ohne dass wir voneinander wussten. Sie legt dabei Wert auf das Bezeugen des Kusses durch die Umstehenden und die Widmung des Kusses an ein höheres Ziel. Das hat mich von seinem ganzheitlichen Ansatz her so sehr begeistert, dass ich dazu einen Blogeintrag formuliert habe. Nachdem die soziale und sogar politische Einbindung des Küssens in Sonyas Ritual jedoch einige aus meiner Generation entsetzt aufschreien ließ: »Der Kuss ist doch das Intimste überhaupt, wie kannst du nur gutheißen, dass das vor anderen aufgeführt und dann auch noch politisch instrumentalisiert wird!«, habe ich diesen Blogeintrag wieder zurückgezogen. Die Zeit ist dafür wohl noch nicht reif. Wen dieses Novum dennoch interessiert, dem schicke ich meinen Kusstext persönlich.

Erleuchtung, Musik und das Erhabene

Weithin berühmt wurde kürzlich (seit 2018) in Nepal ein heute 16-jähriger Junge, der in ständiger Meditation versunken zu sein scheint. »Buddhaboy« nennen sie ihn. Ist er ein Erleuchteter? Als solcher wird er von den Nepalesen verehrt. Allmählich kommen auch Pilger von weiter her.

Gibt und gab es Erleuchtete nur in Asien? Keinesfalls, jedenfalls was die Selbstaussagen anbelangt. George Spencer Brown (1923 bis 2016) war ein eigenwilliger britischer Mathematiker, der sich als erleuchtet bezeichnete und die Welt in Ping und Pong einteilte.

Berichtigung: Im vorigen Rundbrief habe ich auf eine Sequenz von nondualem Jazz von Tom de Toys gelinkt und geschrieben, Tom sei auch der Autor des N.A.Z.I Rundbriefs. Ist er aber nicht. Der N.A.Z.I Rundbrief ist von der LDL, der »Liga der Leeren«. 

Das Erhabene kann auch schön sein – zum Beispiel die Musik der Band »Bazar Andaluz«, hier in ihrem Lied Man Golame, Sklave des Mondes, begleitet von Derwish-Tänzerinnen.

Veranstaltungen mit mir    

• Am WE 31. August/1. September gibt es nach dem großen Erfolg des ersten solchen Workshops (mit 20 Tn, am WE 4./5. Mai) wieder einen Orgasmus-Workshop mit Stefanie Rinke und mir, diesmal im Wamos, Berlin (für 160 €). Bei Interesse Mail an mich oder Stefanie. Corinna vom Liebeskunstnetzwerk Berlin hat mich hierzu interviewt: Kann man auch mehrmals kommen?

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• Vom 4. bis 8. September findet das BeFree Tantra-Festival in der Nature Community statt. Es ist auch für Einsteiger gut geeignet und kostet nur 290 €. Am letzten Tag dieses Festivals um 20 h gibt es das Konzert „Ausklang in die Liebe“ mit Judith Maria Günzl.  

Am WE 13.-15. September gibt es wieder einen BecomeLove-Kongress, diesmal im Lebensgut Pommritz und zum Thema »Evolution in der Liebe«. Mit einem »Beziehungstheater«-Workshop von mir und einem philosophisch-humoristischen Duett zum Thema »Was ist Liebe eigentlich?«, von mir zusammen mit dem Kulturphilosophen Prof. Eckehard Binas.

• Am WE 28./29. September gebe ich zusammen mit der systemischen Paartherapeutin Pea Krämer im Kellerhof bei Hameln den Paarworkshop Wie Beziehungen gelingen.

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Das Möbius-Band ist ein zweidimensionales Band, auf dem ein Käfer, der darauf immer weiter geradeaus liefe, auf seine eigene Rückseite gelangen würde

• Am 26./27. Oktober gibt es wieder einen Humorworkshop, diesmal im Yogahaus Würzburg. »Sind wir komisch?« fragt sich die Veranstalterin Claudia Wenzel. Wenn du dich das auch fragst, kannst du dich bei ihr unter osflow-cwl@gmx.net anmelden. 

• Und nochmal am 30.Nov./1. Dez., das wird dieses Jahr der vorletzte Humorworkshop sein. Wieder im Yogastudio Heidelberg, Landhausstr. 17, wo dieser Workshop schon voriges Jahr stattfand. Info & Anmeldung wieder über Ulrike Müller, ulmuta@gmx.de.

• Und nun doch noch dieses Jahr ein letzter Humorworkshop vor der Winterkälte, am WE 7./8. Dezember: Beziehungstheater – in der Nature Community bei Schönsee in der Oberpfalz, die ich nun schon zwei Mal besucht und zu lieben begonnen habe. Humor hilft nämlich nicht nur gegen die Dunkelheit in der Seele, sondern auch gegen die des Winters. Er hilft in Beziehungen, im Umgang mit sich selbst und in besonderer Weise in Gemeinschaften. 

Die Wochenenden kosten 160-190 €. Frühbucher und Paare bekommen das WE meist günstiger (für 135-170 €/Person).