Kann Liebe uns retten? Liebe sei doch der Wesenskern aller Religionen, sagte mir neulich in einem Online-Interview voller Zuversicht der Ethik-Lehrer einer säkularen Schule. Er hatte sich von meiner Aussage, wie man jenseits der Lagermentalität der Religionen den Schülern Spiritualität vermitteln könne, begeistern lassen und dann begonnen, mich zu befragen, wie man das in die Schulen einbringen könne. Meine Antwort auf seinen guten Glauben ist: Gott einen »lieben Gott« zu nennen ist eine Beschönigung. Schau dir doch nur mal das alte Testament an. Einen Wahrheitssucher kann eine solche Beschönigung im besten Falle nur trösten.
Aber es gibt ja auch noch Jesus, wandte er ein. Der ist in den meisten seiner Aussagen deutlich liebevoller als das AT. Stimmt. Und es gibt auch noch die körperliche Liebe, vielleicht kann die uns retten, sagte ich, denn über die geistige Liebe – Wo gibt es sie denn und wer praktiziert sie wirklich? – ist es offenbar nicht so leicht ist, Einigkeit zu erzielen.
Wer meinen Rundbrief kennt, weiß, dass ich hier auch immer über die körperliche Liebe schreibe und Events ankündige, in denen es um Tantra geht, verstanden als sakrale Sexualität. Liebe ist unter uns Menschen das wohl populärste Fenster zum Himmel, aber auch Sex kann ein Fenster zum Himmel sein. Zum Beispiel auch für die Aktivisten unter uns: Wir müssen uns einmischen. Und auch die Jahrtausende der Vorgeschichte und des Patriarchats sind noch nicht vorüber: Der Auszug der Männer. Tantra ist hochpolitisch.
Liebe
Was ist eigentlich Liebe? Ist sie die Einnistung unseres Fokus auf etwas oder jemanden außerhalb von uns selbst? Oder auch innerhalb? Ist sie eine Beheimatung in etwas oder jemandem? Dich »in mein Herz aufnehmen«, was genau soll das heißen? Was eigentlich ist »das Herz«? Das geistig-emotionale Herz, das wäre doch wohl wieder der Fokus, der etwas oder jemanden nicht nur streift, sondern dort verweilt. Eine achtsame Hinwendung, eine Hingabe, die verweilt.
Über kaum etwas ist so viel gesprochen, gesungen, gedichtet, geschwafelt und gelogen worden wie über die Liebe. Wie weiß ich denn, ob deine oder meine Liebe auch echt ist? Lässt sich das wissenschaftlich verifizieren, gar messen? Erstaunlich finde ich immer wieder, dass bei den Menschen, die sich lieben, der gegenüber Fremden sonst fast immer vorhandene Ekel nicht mehr da ist: Sie trinken aus einem Glas, sie küssen sich sogar. Ekel vor den Körperflüssigkeiten des anderen? Bei der sexuellen Liebe ist sogar das Gegenteil der Fall. Die »xenophobe Reaktion«, die Ablehnung des Fremden, wird offenbar durch Liebe annulliert, im Geistigen wie im Körperlichen. Hallo Wissenschaftler, die ihr vor allem das Körperliche untersucht, könnt ihr nicht mal untersuchen, inwieweit sich Liebe anhand der Abwesenheit von Ekel vorurteilsfrei verifizieren lässt? Für die Fans des Mysteriösen möchte ich allerdings hinzufügen: Auch wenn solch eine Verifizierung eines Tages wider Erwarten klappen sollte, keine Sorge – ich gehöre weiterhin zu denen, für die der ganze Kosmos ein Wunder ist;. Ich brauche keinen Jesus, der über Wasser läuft, um über die Welt zu staunen.
Und jetzt wieder richtig wissenschaftlich. In diesem Text findest du auch die Gründe, warum die Erfindung von Sex ein gutes Mittel war und auch heute noch ist, um unsere Spezies gegen Parasiten und Seuchen zu schützen: Warum gibt es überhaupt Sex?
Und der Orgasmus, ist das die Belohnung dafür, dass wir uns biologisch gesehen, richtig verhalten haben?
Politik und Umwelt
Nun noch ein paar politische Nachrichten, darunter auch einige witzige – das Weltgeschehen ist ja nicht nur tragisch, je nach Betrachtung ist es auch irgendwie komisch.
Bolsonaro beauftragte einen evangelikalen Missionar als Abteilungsleiter in FUNAI, der brasilianischen Behörde, die für den Schutz der unkontaktierten Völker zuständig ist. Da soll wohl der Fuchs den Hühnerstall hüten, meint Sarah Shenker von Survivval International dazu.
Die deutsche (!) Suchmaschine Ecosia behauptet, seit 2009 schon 83 Millionen Bäume gepflanzt zu haben. Seit ungefähr fünf Jahren bin ich dabei und ‚google‘ seitdem statt über Google bevorzugt über Ecosia. Ein kleiner Beitrag, aber immerhin.
Die deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) verkündete Anfang dieses Jahres, dass an Silvester rund 7.754.847.000 Menschen auf der Erde ins Jahr 2020 starteten. Das sind rund 83 Millionen Menschen mehr als ein Jahr zuvor. Die Weltbevölkerung ist im Jahr 2019 somit in etwa um die Einwohnerzahl Deutschlands angewachsen. Vor allem in Afrika wächst die Bevölkerung weiterhin stark: Nach aktuellen Prognosen der UN wird sich die Bevölkerung Afrikas von heute rund 1,3 Milliarden Menschen auf voraussichtlich rund 2,5 Milliarden im Jahr 2050 fast verdoppeln.
Außerdem seien in den nächsten zehn Jahren weitere 70 Millionen Mädchen von Genitalverstümmelung bedroht, sagt die DSW. Bisher sind weltweit etwa 200 Millionen Frauen genital verstümmelt (Quelle: Wikipedia).
Ich Zugvogel, der zur Zeit wieder mal auf den Kanaren überwintert – bin ich damit schon eine Ökosau? Hier ist eine Rede des Klimaforschers Michael Kopatz vom vergangenen November zu diesem Thema: Wie können wir das Klima retten ohne moralische Appelle? Mit geht es offenbar nicht. Und ohne? Vielleicht auch nicht. Wir Menschen waren schon immer Umweltsäue, sagt Rainer Langhans. Und: Wir brauchen eine andere Art des Wachstums.
Schaffen wir Alten das nicht mehr, weil wir keinen Plan haben, wie einige der Jungen sagen? Christa Ritter über »Die Alten und die Jungen«.
Ist Bernie Sanders mit seinen 78 Jahren zu alt, um Präsent zu werden? Verrückt, dass er vor allem die Jungen fasziniert. Auch die ehemalige Senatorin von Ohio Nina Turner wirbt für ihn.
Konstantin Wecker stinkt die gefährliche Gleichsetzung von rechts und links. Recht hat er. Es wäre doch so einfach gewesen, in Thüringen Ramelow die Führung zu überlassen, nun eben in Koalition mit der CDU. Nationale Parteipolitik kann sowas von idiotisch sein, nicht nur im Fall von Thüringen. Warum gibt es eigentlich nicht eine Grüne Internationale? Die Idee einer „Internationale“ von den Linken von einst war doch ganz gut. Im August 1914 ist sie allerdings hochkant gescheitert. Hundert Jahre später, nach zwei Weltkriegen und inzwischen einer echten Internationalisierung der Wirtschaft sollten wir sie wieder aufgreifen, finde ich. Die Wirtschaft ist längst internationalisiert, oft mehr als uns guttut. Auch die Kultur ist es sehr weitgehend. Die Politik hinkt noch hinterher. Eine World Governance, die diesen Namen verdient, gibt es noch nicht.
Im Fall Julian Assange geht es um die Pressefreiheit, denn »vor unseren Augen kreiert sich ein mörderisches System«, sagt er Folterbeauftragte der UN.
Und noch ein unterbelichtetes Thema. Eines, bei man außer sich nur zu empören, auch praktisch was tun kann: Wie gehen wir am besten mit dem um, was wir nach der Verdauung körperlich hinterlassen?
Genug? Nein, hier ist noch ein schöner Tanz von Sharon Eyal, von der Basheva Dance Company
GreenRabbit
Wer kennt den Youtuber GreenRabbit noch nicht? Ich – bis vor ein paar Monaten. Seitdem bin ich ein Fan von ihm. Manchmal spricht er über Achtsamkeit. Dann darüber, wie man über das Denken nachdenken kann. Oder über sich selbst, was er studiert hat und wie er sich finanziert. Oder über das Ich. Oder über Eckhart Tolle. Und auch für die, die sich gerne ängstigen, hat er was parat: Wie KI uns töten könnte.
Am besten du abonnierst einfach seinen Youtube-Kanal.
Verückt? Nicht wirklich. Auch der Mainstream der Wissenschaft (hier spektrum.de) weiß längst, dass unser Gehirn keine objektive Wirklichkeit kennt.
Vorschau
Mein Sohn Valentin wird im Juni zehn Jahre alt. Auch er beschäftigt sich mit konstruierten Wirklichkeiten. Vorigen Herbst hat er sein erstes Buch geschrieben, eine über 40 Seiten komplex aufgebaute Science-Fiction Geschichte. Sein Papa ist sowas von stolz auf ihn und nun dabei, das Buch zu veröffentlichen. Es enthält ein Vorwort von Joshua Tree, diesem neuen Star am Science-Fiction Himmel, der gerade ein Astronauten-Training macht und für das deutsche Fernsehen ein Drehbuch schreibt. Mehr dazu im März-Newsletter.
Claus Hant kenne ich seit ungefähr dreißig Jahren. Nun hat er zum zweiten Mal ein Buch geschrieben, über ein Thema, mit dem er sich wirklich auskennt: »Hitlers ‚Erwachen’« heißt es. DER soll erwacht sein??? Claus ist jedoch kein Spinner, sondern gutmöglich der beste (lebende) Kenner des Lebens und der Persönlichkeit von Adolf Hitler. Das Buch ist umwerfend gut recherchiert und lässt die aktuellen Hitlerbiografien (Haffner, Kershaw, Fest u.a.) als obsolet erscheinen. Es beschreibt, wie der Gefreite aus dem Ersten Weltkrieg – ein Niemand, der seine Mitmenschen langweilte – ab Ende 1918 plötzlich seine Zeitgenossen faszinierte. Wie kann ein Niemand zu einem Jemand werden? In diesem Fall mit fatalen Folgen für die ganze Welt. Auch hierzu mehr in einem der nächsten Newsletter.
Veranstaltungen mit mir
Am 6. März beginnt der von Ute Jungnick organisierte Online-Kongress zum Thema Lebenskunst. Unter den Interviewten sind: Ken Wilber, Gerald Hüther, Joachim Galuska, Annette Kaiser und noch viele andere Prominente der diversen transpersonalen Szenen. Nun auch ich, zum Thema: Humor.
• Bei dem Erleuchtungskongress von Ludmilla und Roland im März in Berlin bin ich zwar nicht dabei, wurde aber von den beiden anlässlich ihres aktuellen Kongress-Themas befragt: Die Praxis des Erwachens.
• Mit dem nächsten BeFree Oster-Retreat auf Gut Frohberg beginnt wieder das BeFree-Jahrestraining mit Regina Heckert. Teilnahme nur an Ostern ist aber auch möglich. In allen BeFree-Retreats leite ich Morgenworkshops zu Thema »Ekstatisch leben«, zu den Themen: Humor, Spiel, Liebe, Tanz und Abschied. Ostern wird es außerdem wieder das von mir angeleitete Kuss-Ritual geben, ein Abendevent.
• Vom 24. bis 26. April leite ich wieder zusammen mit Stefanie Rinke in Berlin einen Orgasmusworkshop. Eine geistige, seelische und körperliche Vorbereitung auf das, was für die meisten Menschen das Genussvollste im Leben ist.
• Vom 8. bis 10. Mai gibt es wieder einen Workshop mit mir und Pea Krämer in der Nature Community: »Beziehungsweise – wie Beziehung gelingt«. Von Fr 20 h bis So 15 h. Für Singles 180-220 € nach Selbsteinschätzung, für Paare 300-400 € nach Selbsteinschätzung. zzgl. U & Verpfl.
• Himmel auf Erden findet am 5.-7. Juli im Gästehaus Schwanenwerder am Berliner Wannsee statt. Dort hätte ich eigentlich dabei sein sollen und wollen, wegen einer Terminkollision ging es nicht. Das Event will auf intelligente, irdische Weise das Nonduale zelebrieren.
• Einen WE-Humorworkshop mit mir gibt es nächsten Sommer in der Academy of Stage Arts am WE 21.-23. August.
• Vom 18. bis 20. September 2020 gibt es nochmal den Workshop »Beziehungsweise – wie Beziehung gelingt« von Pea und mir in der Nature Community.
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lieber wolf,
das buch von hant, hitlers erwachen kann ich unter dem titel bei amazon nicht finden. heißt es eventuell anders? bei wem ist es erschienen?
hast du dich schon einmal bez. der neuen pest 5G schlau gemacht?
liebe grüße aus dem wendland und eine gesegnete zeit in der sonne
alf
alfluechow@web.de
Ja, danke lieber Sugata für das Erinnern an „Make Love not War“ und den eminenten Zusammenhang von Politik, globalem Weltgeschehen und gelebter Liebe. Ich sehe noch immer Yoko Ono und John Lennon öffentlich Liebe zelebrieren in den 70er Jahren und beginne zu begreifen, dass auch knapp ein halbes Jahrhundert danach das Thema nochmals richtig virulent wird: Das Jahrzehnt ab 2020 verspricht, dass alles, was uns damals wichtig war, wieder hochaktuell wird: Give Peace a Chance!
Lieber Alf,
das Buch von Claus Hant ist noch nicht erschienen. Ich wollte nur vorab schon mal ein bisschen Wind dazu machen. Das Erscheinen war für März geplant, es verschiebt sich nun aber auf Mai oder Juni, erfahre ich soeben.
Und ob es bei 5G nur um die Angst vor dem Neuen geht oder diese Technik wirklich eine Gefahr ist („eine Pest“ sagst du), ich weiß es nicht.
LG
Wolf
Ich brauche auch keinen Jesus, der übers Wasser läuft, um über die Welt zu staunen, aber ich brauche diesen Jesus, der übers Wasser läuft, um Vertrauen in mir zu finden, dass dieser Kosmos mich auch in absurden Situationen trägt. Die Geschichte ist ohne die Rolle des Petrus, der in den Fluten versinkt, nicht vollständig. Denn hier geht es nicht um Staunen, sondern um Vertrauen ins Leben, das einen trägt, oder das Versinken, die Flucht vor dem Leben in das Wasser des Mutterschoßes. Der ganze Besitz und alles Kapital, das die Menschen wegen ihres Misstrauens zu ihrer Absicherung anhäufen ist eine… Weiterlesen »
Hallo,
das ist eine sehr schöne Art, die Jesus-Geschichte metaphorisch zu deuten! Sie erinnert mich an Drewermann, der bei all der geistigen Enge des Katholizismus immer wieder die Essenz der christlichen Botschaft hochgehalten hat und noch hochhält, weitab vom wörtlichen Verständnis von Kreuzigung, Himmelfahrt und Wiederauferstehung.
Und auch an Wilhelm Reich, wie er in „Listen, little man“ (1948) und „The murder of christ“ (1953) über den Christusmord in jeden von uns gesprochen hat.
🙏
Wolf
Und noch eine kleine musikalische Ergänzung zu meinem Thema, von der Band „Suchtpotenzial“: https://youtu.be/Z0RpURh9p9o