Nach meinem Bekenntnis zum ‚Anpfeifen gegen den Ozean‘ von Anfang Dezember habe ich schon lange nichts mehr zur politischen Lage gesagt. Außer privat, da war das täglich Thema. Währenddessen hatte ich außerdem das Buch von Pinchbeck fertig zu machen, das mich ebenfalls, privat und politisch, sehr beschäftigt hat.  Nun also ein paar Worte zur Lage, so gut ich kann kurz zusammengefasst. 

Ich halte die Wahl von Trump zum Präsendenten der USA nach wie vor für ein Disaster, nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt. Und natürlich, natürlich, wie könnte es anders sein, das muss ich den Trumpfans, die es auch in meinen Kreisen gibt, immer wieder sagen: Trump ist ein Sympton, das wir ernst nehmen müssen. Ein Symptom, das ich schon lange erst nehme, jetzt erst Recht. 

Die Identitätskrise des Westens

So etwa wie Luc Sala das auf seiner Webseite sehr gut zusammenfasst, ist Trump Symptom einer Identitätskrise – des Westens, sagt Luc. Ich meine, dass es noch weiter ist: eine Identitätskrise der ganzen globalisierten Gesellschaft. Pinchbeck versucht, diese Krise als Initiationskrise in ein neues Bewusstsein zu interpretieren, er wirft sich dafür voll ins Zeug, bestmöglich, mit guten Argumenten, und doch bleibt, allen, die sich die kritischen Fakten etwas genauer angesehen haben, der Zweifel, ob es nicht zu spät ist, die Wende noch zu schaffen, ehe die Menschheit auf ihrem eingeschlagenen Weg zur Naturzerstörung in Ressourcenkriege und Chaos abstürzt. 

Haben wir nach den failed States (Somalia, Südsudan, Libyen, große Teile von Afghanistan, Syrien, Pakistan) nun die failed global community? Ich meine, dass wir eine funktionierende globale Gemeinschaft ja auch bisher schon nicht hatten, sondern Machtpolitik nach dem Recht des Stärkeren. Das ist uns durch das Internet und die Schnelligkeit der Medien nur bewusster geworden. Und es ist nach wie vor so, dass die Sicherheit, nicht durch Gewalt umzukommen, für uns Menschen nie größer war als heute, auch wenn die Medien, nach ihrem geschäftlich nur allzu gut verständlichen Motto »bad news is good news«, tendenziell das Gegenteil behaupten, weil sie davon profitieren. 

Die Revolte des Ego

Im Mai 2016 habe ich in einem Artikel für die Schweizer Zeitschrift »Spuren« behauptet, Trump sei Obamas Nemesis, weil Obama zu weich sei, zu gutherzig und zu wenig durchsetzungsstark. Ich meine, dass man Trump auch als Revolte des Ego gegen politische und moralische Korrektheit verstehen kann. Das Tier im Menschen lässt sich eben nie ganz zähmen, schon gar nicht durch Moralpredigten. Dem »Americ first« entspricht das »Zuerst komme ich«, die Aufkündigung der Solidarität. Dem lässt sich nur durch Intelligenz beikommen, durch Aufklärung, nicht durch Predigten. 5000 Jahre Moralpredigten haben uns Menschen nicht zu besseren Menschen gemacht. Wenn wir nicht einsehen, dass wir miteinander verbunden sind und das Ich ebenso wie jedes Wir etwas Künstliches ist, eine Fiktion oder soziale Konstruktion, dann kommen wir in unserer Bewusstseinsentwicklung nicht weiter und werden weiterhin Kriege, Ressourcenkriege und sinnlose Wettkämpfe haben – auf einer Erde, die bei kluger Verteilung für uns alle doch ein Planet der Fülle sein könnte.