Ende November fand in Berlin zum fünften Mal die Konferenz »Wissenschaft und Meditation« statt, wo auf hohem Niveau mainstreamnah die Themen Achtsamkeit, Meditation und der Selbstoptimierungswahn abgehandelt wurden. Eher irritierend war für mich dabei jedoch, wie auch hier die Redner scheu um das Ich herumtanzten. Sie nahmen das Ego als Stein des Anstoßes, als corpus delicti, schwarzen Peter, Fettnäpfchen oder gar als den großen Widersacher. Es scheint in den spirituellen Szenen bis hin zu den modernen Mainstream-Meditierern den Konsens zu geben, dass das Ego schlecht sei. Eigentlich urteilen wir ja nicht, aber man muss doch mal eine Ausnahme machen: Das Ego ist schlecht. Das Bekenntnis zur Schlechtigkeit dieses sozialen Gebildes, auch wenn es wie oft nur hauchzart ironisierend angedeutet wird, gehört in diesen Kreisen zum guten Ton. Wer den nicht pflegt, ist »noch unbewusst«, will sagen: noch nicht spirituell. 

Der blinde Fleck

Schlimmer aber als dieser Tanz um den blinden Fleck in der Selbstwahrnehmung finde ich den Umgang mit der Wahrheit in Politik, Wirtschaft und den Medien. Damit meine ich nicht bloß die Wahngebilde, die von den sogenannten Populisten im sogenannt postfaktischen Zeitalter in die Welt gesetzt werden, als gäbe es zwischen Lüge und Wahrhaftigkeit keinen Unterschied, sondern ich meine damit auch etwa das aktuelle Thema des deutschen Nachrichtenmagazins »Der Spiegel«, das gerade anlässlich des Relotius-Skandals schlicht titelt »Wir sagen, was ist.«

Sprache täuscht

Sagen was ist, das kann man nämlich nicht. Herüber habe ich gerade mit Martin Frischknecht gechattet, für dessen Zeitschrift »Spuren« ich auch eine Kolumne schreibe. So wie Schreiner die Eigenschaften von Holz kennen müssen und die Werkzeuge, mit denen sie es bearbeiten, sollten Journalisten nicht nur den Objektbereich kennen, über den sie schreiben, sondern auch die Eigenschaften von Sprache, denn sie ist ihr Werkzeug. Damit faszinieren und überzeugen, manipulieren und täuschen sie auch dann, wenn sie »die Wahrheit« abhandeln oder »die Fakten«. Schon im Editorial des aktuellen Spiegelheftes (Nr. 52 vom 22.12.18) zeigt sich dieser Irrtum im Umgang mit Sprache. Es beginnt mit den Worten: »Dieses Haus ist erschüttert. Uns ist das Schlimmste passiert, was einer Redaktion passieren kann. Wir hatten über Jahre Reportagen und andere Texte im Blatt, die nicht die Wirklichkeit abbildeten, sondern in Teilen erfunden waren. Unser Kollege Relotius hat sich nicht auf die Recherche verlassen, sondern sondern seine Fantasie eingesetzt, hat sich Zitate, Szenen, Personen ausgedacht, um viele seiner Geschichten besser, spannender wirken zu lassen. Für einen Journalisten ist das unverzeihlich.«

Wirklichkeit lässt sich nicht abbilden

Irrtum. Auch Journalisten brauchen Fantasie und müssen sie beim Schreiben einsetzen, bei der Recherche und beim Verstehen der von ihnen beschriebenen Menschen und Umstände. Sie brauchen Fantasie auch beim faktentreuen Schreiben, und sie können die Wirklichkeit nicht abbilden, denn Wirklichkeit lässt sich nicht abbilden. Der Finger, der zum Mond zeigt, ist nicht der Mond. Auch ein Faksimile eines Objektes ist nicht dieses Objekt, ein Satz, ein Foto, eine Geschichte oder ein Dokumentarfilm sind das schon gar nicht.

Was die beiden Themen Ego und Wahrheit miteinander verbindet, ist die Tatsache, dass das Ich eine Fiktion ist. Es ist eine Fiktion, die Fakten schafft. 

Texte und Links

Über das Ego, Fakt & Fiktion, Liebe und Sex und Wahrheit schreibe ich auch für die Print-Zeitschriften KGS Berlin, U&W, Spuren,  Lucy’s Rausch und Osho Times. Online findet ihr mich nun auch im OneSpirit-Magazin, und auf KGSberlin.de gibt es meine Texte sowohl zu lesen wie auch als Podcasts.

Auch die buddhistische Zeitschrift »Ursache & Wirkung«, für die ich seit drei Jahren schreibe, stellt meine Text online, wie ich grad erst bemerkt habe, z.B. den über Weltinnenraum. Es liest ja nicht mehr jeder Print. 

Das Interview, das Ludmilla und Roland im vergangenen September zum Thema »Erwachte Beziehungen« mit mir geführt haben, ist nun für jeden anklickbar. Die anderen Interviews des Kongresses findet ihr auf www.erleuchtungskongress.com in Trailern und könnte dort auch noch das ganze Paket erwerben. Und hier nochmal der Link zum Humorworkshop für Erleuchtungsstreber, der ein Jahr davor auf dem Erleuchtungskongress stattfand. 

Jetzt noch was Schönes für die dunkle Zeit des Jahres: ein Interview mit der Dichterin Julia Engelmann, das auch ihren berühmten ersten Auftritt beim Poetry-Slam an der Uni Bielfeld enthält. Und ein Liebeslied von Bastian Bandt mit Sarah Lesch.

Muss sich Politik wiederholen? Eigentlich nicht, aber anscheinend lernen wir nichts dazu. Schaut selbst. Dieser ARD-Film zeigt die Verflechtung der US-Unternehmen Standard Oil, GM, Ford und IBM mit der Nazi-Diktatur, und wie diese Unternehmen auf beiden Seiten dieses größten Krieges aller Zeiten mitverdienten und danach ungeschoren weitermachten. Vielleicht erinnert das den einen oder anderen an heutige Waffengeschäfte. Gemäß dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri steigen die Rüstungsverkäufe nämlich weltweit weiterhin an. Und 57 % des Weltumsatzes an Waffen kommt von US-amerikanischen Unternehmen. 

Jetzt noch was zum Brexit. Ist doch zum Haareraufen, wie diese Abstimmung zum Brexit damals zustande kam. Jetzt haben sie den Salat, die Briten. Hoffentlich wird bald nochmal abgestimmt, denn erst jetzt dämmert vielen, was dieser Ausstieg bedeutet.

Und hier wieder was Schönes: die Weihnachtsbotschaft von Rosa Luxemburg, die sie 1917 aus dem Gefängnis schrieb, an ihre Freundin Sonjuschka. Nitya hatte diese Botschaft am 25. 12. in seinen auch sonst sehr lesenswerten Blog gesetzt. Sie schreibt darin, dass sie »ständig in einem freudigen Rausch« lebe, trotz all der gerade für sie sehr widrigen Umstände.

Nun noch einen Link zu der wunderschönen indisch-iranischen Musik von Julia Ohrmann an der Bansuri, mit ihrem iranischen Mitspieler Ahmadi Aminian (Ney, Sitar, Gesang). Musik kann so viel schöner sein als Worte!

Was ist Individualität? In diesem englischen Text finden ihr einen sehenswerten 6 min Film, der zeigt, wie das Portrait einer Persönlichkeit – das Passbild als »identity card« – von einer Software kreiert werden kann. Faszinierend? Ja, aber auch erschreckend, was man so alles mit Computern machen kann. 

Veranstaltungen  

Ab heute (28. Dezember) bin ich bis zum 2. Januar im BeFree-Tantra Silvester-Retreat. Dort am 1. Januar mit einem Sketch, über die Initiation in die Mysterienschule der Scharlatane; diesmal zusammen mit dem fantastischen Chorleiter Henry Friesen aus Bielefeld.- 

Meine Humorworkshops 2019: 

• Am 26. bis 28. April 2019 gebe ich einen Humorworkshop im Sinnesart-Zentrum in Dresden.

• Am 18./19. Mai in Stuttgart, im Lichtnetz, Landhausstraße 44. Info & Anm über Jana Weiser, SchmetterlingJW@gmx.net. 

• Am 11. Mai (nur einen Tag lang) und 28./29. Sept im Kellerhof bei Hameln. Info & Anm über Pea Krämer, info@peakraemer.de

• In Heidelberg am WE 30.Nov./1. Dez. Info & Anm über Ulrike Müller, ulmuta@gmx.de. 

Typischerweise kostet ein WE ca. 160 €, ein Tag 85 €. Frühbucher und Paare bekommen oft Vergünstigungen. Geplant sind auch Humorworkshops in Berlin, Würzburg und München, da sind die Termine aber noch nicht sicher. Für Berlin und München suchen wir noch Organisatoren, für Würzburg stehen Organisatorin (Claudia Wenzel, osflow-cwl@gmx.net) und der Ort schon fest.

Ab 10. Januar bin ich wieder für zwei bis drei Monate auf der Kanareninsel La Palma, die meiste Zeit davon in Puerto Tazacorte. 

• Am WE 13./14. April bin ich wieder im BecomeLove, das diesmal voraussichtlich im frisch renovierten Gut Pommritz in der Niederlausitz stattfindet. 

Für das Wochenende 4./5. Mai planen die Kulturwissenschaftlerin Stefanie Rinke von der Humboldt-Uni und ich in Berlin einen … oho, Orgasmus-Workshop. Der wird in Berlin stattfinden, der unangefochtenen Welthauptstadt der sexuellen Liberalisierung. Weitere Details hierzu findet ihr in einem meiner nächsten Newsletter.