Die meiste Zeit unseres Lebens wenden wir unsere Aufmerksamkeit dem zu, was außerhalb von uns ist. Klar, wir haben auch Gedanken, Gefühle, Träume, Wünsche und Befürchtungen, aber das Gros unserer Aufmerksamkeit geht nach außen. Unsere Innenwelt steuert uns zwar mehr als das Außen, aber das ist uns überwiegend nicht bewusst. Ein geschärftes Bewusstsein der eigenen Gedanken und Gefühle, wie sie in uns auftreten und wieder verschwinden, ist unter uns Menschen selten.

Dieser Blog auf connection.de befasst sich mit den Verbindungen zwischen Außen- und Innenwelten. Spirituell angefixte Menschen sprechen gerne vom »Weg nach innen«, oft verbunden mit der Vorstellung, dass das der Königsweg zu Lösungen auch der Außenweltprobleme sei. Das halte ich für zu einseitig. Ich meine, dass unsere Aufmerksamkeit, wenn sie denn problemlösend und glücksbringend sein soll, keine der beiden Seiten vernachlässigen darf.

Vernachlässigte Innenwelten

Typisch für unsere Kultur ist allerdings die Vernachlässigung der Innenwelten. Ein Beispiel dafür ist die Erfolglosigkeit unserer Weltgesellschaft beim Umsetzen der 17 Nachhaltigkeitsziele (IDGs), die 2015 von den 193 UNO-Mitgliedstaaten immerhin einstimmig (!) beschlossen wurden. Gemäß dieser Ziele soll z.B. bis 2030 in der ganzen Welt Hunger und Armut beseitigt sein. In den Medien hören und lesen wir allerdings, dass es bei 80 % dieser noblen Ziele nicht einmal eine Annäherung an diese gibt, teils entfernen wir uns sogar davon. In der Überzeugung, dass wir unsere Innenwelten nicht ignorieren dürfen, wurden deshalb 2023 in Stockholm als Ergänzung zu den 17 SDGs 23 IDGs (Inner Development Goals) formuliert. Darunter Fähigkeiten wie Kreativität, Selbsterkenntnis und kritisches Denken, aber auch Optimismus und das Wissen um unsere Verbundenheit. Macht das Hoffnung? In den Medien hört und liest man bisher fast nichts von den IDGs, die in der folgenden Grafik in fünf Bereiche unterteilt sind.

 

Wie souverän sind wir eigentlich?

Noch ein weiteres Beispiel für die Beziehung zwischen außen und innen ist die Realität in den Demokratien. Da soll ja »das Volk« der Souverän sein, der Inhaber der Macht. Wie souverän aber sind wir einzelne Bürger, aus denen das Volk besteht? Nicht sehr souverän, finde ich. Wir können uns doch nicht einmal selbst beherrschen, um wie viel weniger ein Land.
Wir lassen uns beurteilen von Menschen, die wir nicht mögen, kaufen Dinge, die wir nicht brauchen und erstreben Ziele, die uns nicht zufriedener machen. Weil wir nicht wissen, wer wir sind und was wir wirklich wollen. Was uns manipulierbar macht, ist die fehlende Selbstkenntnis. Immer wenn jemand mehr über mich weiß als ich über mich selbst, kann dieser Agent mir »die Knöpfe drücken«. Mich triggern. Das heißt: mir eine Reaktion aufzwingen, die ich nicht selbst initiiert habe und meist bei näherer Betrachtung auch gar nicht will.
Außer den Aktionären der Rüstungsindustrie und noch ein paar anderen Kriegsgewinnlern würde doch kein Mensch Krieg dem Frieden vorziehen. Warum schaffen Medien und Politik es dennoch immer wieder, auch in formell demokratischen Ländern, uns in Kriege hineinzuziehen? Weil es so leicht ist, Feindbilder zu produzieren, Ängste zu schüren, und weil Angst uns manipulierbar macht. Sonst wäre Friedenstüchtigkeit zum geflügelten Wort und Bildungsziel geworden, nicht Kriegstüchtigkeit.

Die dunkle Seite der KI

Auch der Souveränitätstransfer an KI, wie Roberto Simanowski ihn in seinem Buch »Sprachmaschinen« beschreibt, lässt Verfechter persönlicher Souveränität erblassen. Simanowski lässt hier die Vorteile von KI als Köder erscheinen, der uns naive Nutzer in gruselige Dystopien entführt.

Und hier noch ein Hinweis für die Optimisten unter uns, für die KI noch immer vor allem als ein Segen erscheint.

Algokratie und eID

Individuen, Firmen und Institutionen haben in der Regel ein Interesse, mich in ihrem Sinne zu steuern. Das ist ganz normal und so fehlerhaft, wie wir Menschen eben sind. Besser gelingt solche Manipulation Maschinen mit ihren Algorithmen, die ja 24/7 arbeiten können und das auch tun. Facebook, Google, Amazon & Co wissen längst mehr über mich als meine engsten Freunde. Ihr Rohstoff sind meine Daten, ihr Gewinn hängt davon ab, inwieweit sie mich damit steuern können. Dabei sind sie so effektiv, dass immer mehr Menschen von »Algokratie« sprechen, der Herrschaft durch Algorithmen, und dass diese dabei sei, die Demokratie als Herrschaftsform abzulösen.
Auch Regierungen wissen in mancher Hinsicht mehr über mich als ich, mit meinem löchrigen Gedächtnis, über mich selbst. Umso mehr wird das nach Einführung der eID, der elektronischen Identität, so sein, die mit vielen Vorteilen lockt. So vieles wäre damit so viel einfacher! Z.B. würde uns die elektronische Identität das Gros der verhassten Bürokratie ersparen. Ist sie dann mal installiert, bietet sie jedoch Möglichkeiten einer Überwachung, von der Hitler, Stalin und Mao nur träumen konnten.
Deshalb meine ich, dass eine Persönlichkeits- und Charakterentwicklung, die unsere persönliche Souveränität stärkt, heute wichtiger ist denn je. Sie bewahrt uns vor Einkäufen von Unnützen, eskalierenden Konflikten, persönlichen Fehlentscheidungen in Bezug auf Partner- und Berufswahl und generell vor Brainwashing aller Art.

 

Wunschtraum friedliche Nachbarschaft

Souveränität zu erlangen hilft auch im Umgang mit Nachbarn. Dies können Individuen, Familien oder, wie einst, Stämme sein, ebenso auch benachbarte Kulturen oder Nationen. Deshalb habe ich hier mal einen längeren Blogeintrag darüber geschrieben, ausgehend von einem Vorfall in meiner persönlichen Nachbarschaft, bei dem mich das feindselige Verhalten eines Nachbarn schwer getroffen und geschädigt hat. Ich nenne ihn hier meinen ‚fiktivien‘ Nachbarn, um es für jeden Betrachter offen zu lassen, dass ich mir nur einbilde, dass er so ist. Wie geht man damit um, wenn ein (eingebildeter) Nachbar auf Teufel komm raus keinen Frieden will?

Zwei Seelen, ach, in seiner Brust

Mein werter Nachbar beobachtet mich sehr genau. So war er einer der ersten, die diesen Blogeintrag über Nachbarschaft gelesen hatten. Daraufhin schrieb er mir zu meinem großen Erstaunen unter der Betreffzeile »Super Text«: »habe gerade den ganzen Text gelesen. Richtig gut geschrieben. Darf ich mir den ausdrucken? Würde ihn gerne gerahmt an die Wand hängen.« Und dann »Das mit deinem finanziellen Verlust tut mir leid. Hatte ich nicht bedacht. Sorry.«
Kurz darauf kam jedoch wieder die nächste Drohung, was er tun würde, wenn ich nicht dies oder das täte. Meist sind es absurde oder unrealisierbare Ansprüche, die er von mir erfüllt haben will. Die finanzielle Schädigung in Höhe von 10 bis 30 Tausend € (je nachdem wie das Verfahren mit der Stadtverwaltung Greven ausgeht), ist bereits geschehen und durch sein – echtes oder unechtes – Bedauern nicht mehr rückgängig zu machen.

Friedensmission misslungen

Warum diese Details? Es ist doch mein persönliches Problem, nicht eures. Die Schädigung ist passiert, das Kind ist in den Brunnen gefallen, nun muss ich damit irgendwie zurechtkommen.
Ich meine jedoch, dass der Friedrich Schiller Spruch »Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt« eine allgemeine Wahrheit ausdrückt. Jeder von uns hat sowas auf die eine oder andere Art schon erlebt: in der Familie, mit Nachbarn oder Kollegen, und so ist es auch in den Kollektiven unserer Spezies, die gemeinsam diesen Biotop auf dem blauen Planeten bewohnen.
In meinem Falle habe ich bis zur Hinnahme von Demütigungen getan, was ich konnte, um meinen Nachbarn friedlich zu stimmen. Ohne Erfolg.

Mein Arschengelprojekt

Nun versuche ich diesen Angriff zu reframen als »mein Arschengelprojekt«. Ob das eine gelungene Neudeutung ist oder nur eine Beschönigung, wird sich zeigen. Jedenfalls will ich den Angriff als Anstoß nehmen, in meiner Lokalität in noch viel höherem Maß als bisher unter den Grevenern Wohlwollen für meinen Aldruper Jurtengarten zu erwirken. Ohne den Nachbarn an den Pranger zu stellen, der ….. da sagte doch vor langer Zeit mal jemand: »… denn sie wissen nicht, was sie tun«. Das heißt, ich will nun nicht meinerseits versuchen, ihm, der da nicht weiß, was er tut, wenigstens einen Reputationsschaden zuzufügen. Deshalb habe ich diese Beschreibung als Fiktion bezeichnet. Und zu meiner Überraschung hat er sich sogar darin erkannt.
Oder lobt er mich, mit seiner Aussage »Super Text«, weil ich darin meine eigene Fähigkeit böse zu sein, beschrieben hätte? Habe ich doch. Das war ja mein literarisches Ziel. Es ist doch Selbsterkenntnis (Γνῶθι σεαυτόν) mein Ziel, nicht ‚Nachbarerkenntnis‘. Obwohl auch Nachbarerkenntnis manchmal helfen kann 😏.

Bewusstsein, was ist das?

Nun hier noch zwei Links, die hoffentlich geeignet sind, mehr Laune zu machen als das bisher in diesem Blog gepostete. Der erste führt zu einem Interview mit dem Bewusstseinsforscher Anil Seth, das auf zeit.de/wissen erfreulicherweise ohne Paywall zu lesen ist.
Er zweite zu einem meiner aktuellen Musik-Favoriten. Warum Menschen Musik mögen, ist ja ein weiteres großes Rätsel der Kulturwissenschaft und Bewusstseinsforschung. Dieses Konzert mit Wyntons famoser Band haben Wynton Marsalis und Eric Clapton 2011 in New York gegeben. Es ist eine Feier des Blues und der Musiker-Freundschaft der beiden.

Ich Mensch – meine Events

Wie üblich kommt hier am Ende meines Newsletters der Link zu meinem Eventkalender.

Darin möchte ich diesmal besonders auf zwei Veranstaltungen in Leipzig hinweisen. Die erste ist der »Ekstatisch leben« Workshop »Sei dir selbst ein Witz – Humor als spiritueller Weg«, organisiert von Angela Rechlin, Klink-Clown, Tänzerin und Tanztherapeutin und überhaupt ein wunderbarer Mensch – sie wird in dem Seminar dabei sein.

Der zweite ist etwas, das ich noch nie gemacht habe. Mit Ich Mensch zeige ich am 26. Oktober im Dachtheater Leipzig nach einem kurzen Intro-Talk auf offener Bühne meine ganze menschliche Ignoranz und Fassungslosigkeit. Mit ungewissem Ausgang. Als Stand-up Philosopher, vielleicht so eine Art Sokrates 2.0, der gut möglich nicht einmal weiß, dass er nichts weiß. Wie er da zunächst mehr staunend als sprechend auf der Bühne steht – und dann im zweiten Teil der Performance mit euch im Publikum interagiert.