Wo gibt es in diesen düsteren Zeiten Anlass zur Hoffnung? Offenbar wird diese nach außen gerichtete Frage dem Prinzip Hoffnung nicht gerecht.

Ein kalter Wintermorgen Anfang 2025. Der Kälte draußen und in der politischen Stimmung setze ich ein Event gegenüber, das mich aufwärmt: Den Auftritt des großen Jazzmusiker Wynton Marsalis mit seiner Band 1990 in Chile im Konzert  von Amnesty International. Wynton leitet dem Aufritt ein mit einer Erklärung des Blues als »antagonistic cooperation«. Der Blues als ein Zusammenwirken der Gegenpole, hier von mir sinngemäß übersetzt: »Du findest heraus, was falsch ist, und dann findest du in dir den Heldenmut zurückzukommen. Der Blues sagt ‚Es geht mir schlecht, ich fühle mich fast tot. Aber es wird ein Morgen kommen, da werde ich darüber hinwegkommen‘. Der Blues ist immer optimistisch, aber er anerkennt das Leiden.« (Dabei geht mir ein Licht auf: Buddhismus und der Blues! Dazu mehr in einem meiner nächsten Blogeinträge.)

»Seid umschlungen Millionen«

In Chile war damals gerade die Diktatur Pinochets zum Ende gekommen. Das Land atmete auf und schöpfte wieder Hoffnung, was sich im Jubel dieses von Amnesty organisierten Konzertes zeigte. »Desde Chile, un abrazo a la esperanza«, ist da auf dem Bühnenhintergrund zu lesen. Das übersetze ich mit »von Chile eine Umarmung (ein Kuss) an die Hoffnung«, in Erinnerung an den Abschlusschor von Beethovens 9. Sinfonie, der das »Seid umschlungen Millionen« aus Friedrich Schillers Gedicht enthält, was ein Ausdruck der Hoffnung war, welche die demokratischen Revolutionen in Europa nach 1789 erzeugt hatten. 

Auch an das Woodstock-Festival erinnert mich dieses Musikfest der Friedensbewegten 1990 in Chile. Woodstock im US-Staat New York im Sommer 1969: Damals hatte sich die gegen den Vietnamkrieg aufbegehrende Hippie- und Friedensbewegung mit ihrem Motto »make love, not war« trotz Regenwetter und minimalster hygienischer Bedingungen drei Tage lang ekstatisch gefeiert. 400.000 Liebes- und Friedensbewegte voller Hoffnung im vereinten friedlichen Protest gegen eine Politik, die rücksichtlos Menschen opferte für den Gewinn bzw. Erhalt der Weltmacht im globalen Konflikt eines Kalten Krieges, der regional sehr heiß werden konnte.

Kapitalismus und Rechtsruck

Ähnlich wie in den Zeiten, da in den 1930er Jahren in Deutschland, Italien und Spanien die Faschisten schier unaufhaltsam aufstiegen, wendet sich auch heute das Großkapital, das bisher noch teilweise der woken Elite zugewandt war, nun dem neuen Rechtstrend zu. So titelte die SZ am 11. Januar: »Wall Street gibt Kampf gegen Klimakrise auf« und schrieb dazu: »Während die Erderwärmung steigt, wendet sich die US-Finanzindustrie von wichtigen Initiativen ab. Sechs der größten Banken der Vereinigten Staaten hatten kürzlich ihren Austritt aus Klima-Allianzen angekündigt, und nun folgt Blackrock, der weltgrößte Vermögensverwalter, diesem Beispiel.«

So viel zu der Behauptung der Rechten, sie würden das Volk vertreten. Näher an der Wahrheit ist, dass sie den Mythos eines geeinten Volkes bemühen, um eben dieses zu verführen und es dann, schlimmstenfalls an einer Front der angezettelten Kriege, zu verheizen.

Persönlichkeit und System in den USA

Zurück in die USA, zu einem Blick auf die dort agierende politischen Elite. Anlässlich des Abschiedsgottesdienstes für den Ende Dezember verstorbenen Jimmy Carter beobachtet die Washington Times den persönlichen Umgang miteinander unter denen, die in den USA in den vergangenen Jahren die Politik wesentlich gestalteten. Oder im Glauben waren, dass ihnen das trotz der militärisch-industriellen, medizinisch-pharmazeutischen und polit-medialen Komplexe gelingen könne. Jedenfalls hat die Persönlichkeit der jeweils gewählten Regierenden dabei eine Rolle gespielt. Das wird auch in der kommenden Regierungszeit von Trump weiterhin so sein. 

Was wollen die USA eigentlich im 21. Jahrhundert? Hierzu gibt es ein 10 min Video, in dem Daniele Ganser die Ziele der USA im 21. Jahrhundert in gut verständlicher Sprache zusammenfasst. Obwohl hier leider sensationsheischend angekündigt, resümiert der Film in sachlicher Weise das Thema »Naher Osten« und die sieben völkerrechtswidrigen »Regime Changes« der USA in diesem Jahrhundert. 

Framing-Checks statt Faktenchecks

Mark Zuckerberg beugt sich Donald Trump und dem weltweiten Rechtstrend und gibt das Factchecking auf. Schlimm? Einerseits ja. Andererseits könnte das ein »Ein Ende des betreuten Denkens« ankündigen, kommentiert der integrale Vordenker Daniel Melle auf Substack. Meine Ergänzung zu Daniel Melle: Faktenchecks sind nötig, lösen das Problem aber noch nicht, das der Rechtspopulismus den Demokratie-Willigen stellt. Nötig sind auch Framing-Checks. Die sind jedoch sehr viel schwerer zu leisten als Faktenchecks, denn sie benötigen eine ausgereiftere Ethik, die erst in einem anderen Bewusstsein entsteht. 

Gegen einen Ozean anpfeifen?

Die aktuellen politischen Ereignisse erinnern mich auch an Kurt Tucholskys verzweifelte Aussage von 1933: »Gegen einen Ozean pfeift man nicht an«. Damals war der Faschismus in Europa so sehr am Erstarken, dass sogar ein Humorist wie Tucholsky aufgab, dagegen an zu publizieren. 1935 schrieb er aus dem schwedischen Exil in seinem letzten Brief an den nach Palästina emigrierten Stefan Zweig: »Mein Leben ist mir zu kostbar, mich unter einen Apfelbaum zu stellen und ihn zu bitten, Birnen zu produzieren. Ich nicht mehr. Ich habe mit diesem Land, dessen Sprache ich so wenig wie möglich spreche, nichts mehr zu schaffen. Möge es verrecken – möge es Russland erobern – ich bin damit fertig.«

Heute müssen wir eine Außenministerin ertragen, die sich feministisch nennt, aber mit einem wieder kriegstüchtig gewordenen Deutschland im Kontext der NATO erneut Russland erobern will. Ohne nennenswerten Widerstand der deutschen Bevölkerung. Die Friedensbewegung ist so gut wie tot. 

Wenige Tage nach seinem Brief an Stefan Zweig starb Tucholsky. Ob an seinem Magenleiden oder durch Suizid, ist bis heute ungeklärt. Die Politik gab allerdings auch, damals wie heute, genug Anlass für Magenleiden. Schon zehn Jahre nach Tucholskys Quasi-Suizid durch eine Überdosis an Magentabletten war der Faschismus in Europa vorläufig besiegt. Tucholsky wäre 1945 erst 55 Jahre alt gewesen. Wir hätten ihn auch im Nachkriegsdeutschland noch gut gebrauchen können.

Wo ist Greta geblieben?

Emotional tief bewegt und unter Tränen klagte im September 2019 die damals 19-jährige Greta Thunberg auf dem UN-Klimagipfel in New York die Strippenzieher des Weltgeschehens an: »Die Menschen leiden. Die Menschen sterben. Ganze Ökosysteme brechen zusammen. Wir erleben den Beginn eines Massensterbens, und ihr sprecht über nichts anderes als Geld und das Märchen von einem ewigen Wachstum. Schämt euch (ihr letzter Satz im Original How dare you)!«.

Wann haben wir kürzlich mal wieder was von Greta Thunberg gehört? Schweigt auch sie aus ähnlichen Gründen wie Tucholsky nach 1933? Keineswegs. Seit sie sich für die Palästinenser engagiert und das Vorgehen Israels in Gaza einen Genozid nennt, wird sie Sie allerdings nicht mehr von der Presse hofiert. Thunberg ist auch in dieser Hinsicht aus dem Mainstream ausgeschert, der sich weigert zu unterscheiden zwischen einerseits dem Respekt vor den Juden und der jüdischen Religion und andererseits dem völkermörderischen Vorgehen der aktuellen israelischen Regierung.

Die Inner Development Goals

Angesichts der Beurteilung von Greta Thunberg vom Gros der Massenmedien ist es schwer hoffnungsvoll zu sein, was Naturschutz, Klimaschutz und Gerechtigkeit in der Welt anbelangt. Die IDGs hingegen, die Inner Development Goals, geben mir Anlass zur Hoffnung. Die 2016 verkündeten und weltweit gefeierten SDGs (Sustainable Development Goals) der UNO haben ja bisher außer heißer Luft – die hoffentlich thermisch irrelevant genug ist, um die Klimakrise nicht noch zu verschärfen – keine spürbare Wirkung erzeugt. Diesbezüglich hat Greta Thunberg völlig Recht, das SDG-Gerede Blaba zu nennen. Neben der Frage, wie man Migranten daran hindern kann in ein wohlhabendes Land zu fliehen, drehen sich die Beschlüsse der Regierungen ja tatsächlich fast nur um Geld und die Erzeugung von Wirtschafts-Wachstum (BIP). Die populärsten unter den zu diesem Zweck verkündeten Maßnahmen sind Steuererleichterungen für die Reichen und Subventionen für umweltschädliche Industrien.

Eine wesentliche Änderung dieser desolaten Situation wird es nur geben, wenn auch die innere Dimension der beabsichtigten Veränderungen einbezogen wird: das Bewusstsein. Denn es sind die inneren Motive von uns Weltbewohnern, die diese desolate Situation erzeugt haben. Unsere Unreife, mangelnde Souveränität und daraus resultierende Manipulierbarkeit. Das ist das Thema der 23 IDGs. Sie lassen sich in fünf Dimensionen gliedern:

1. Being. Dasein. Die Beziehung zu sich selbst. Dazu gehören Selbsterkenntnis, Einsicht, Innenschau, Meditation, Integrität, Offenheit und Präsenz.

2. Thinking. Das Denken. Unsere kognitiven Fähigkeiten. Kritik und Selbstkritik. Bewusstsein der Komplexität und die Fähigkeit Perspektiven, Visionen und langfristige Ziele zu entwickeln. 

3. Relating. Sich auf andere und die Welt beziehen. Wertschätzung für andere. Das Bewusstsein der Verbundenheit. Demut, Empathie und Mitgefühl.

4. Collaborating. Zusammenarbeit. Unsere sozialen, kommunikativen, interkulturellen und kokreaktiven Fähigkeiten. Auch das Vertrauen in andere und die Fähigkeit, andere zu motivieren gehören dazu. Nur wenn wir fähig sind zu kooperieren, können wir die gemeinsam gesetzten Ziele erreichen.

5. Acting. Handeln. Es gibt nichts Gutes, es sei denn man tut es! Bescheid zu wissen, tief zu fühlen und intuitiv zu Lösungen für komplexe Probleme zu gelangen, das allein bringt noch keine Veränderung. Wir müssen auch etwas tun.

 

Mutter Erde ehren

Hierzu passt ein 11 min kurzer Film über Bewusstsein, der die Botschaft eines Indigenen der Lakota mit schönen Naturaufnahmen verbindet: Mother Earth is my employer. Wenn wir die Erde verletzen, ist es als würden wir den Schoß verletzen, dem wir entstammen, unsere Mutter.

Raus aus dem alten Narrativ

Und noch etwas, das Hoffnung schöpfen lässt: Ein 33 min Film von Heike Pourian. Er zeigt, wie wir aus dem alten Paradigma, das uns unter Stress setzt und unseren Biotop zerstört, rauskommen in neue, erfreulichere, erholsamere und liebevollere Welten: Paradigmenwechsel. Heike Pourian illustriert das ganz langsam, gut nachvollziehbar, mit Farben. Drin sein im alten Narrativ, zögerlich von dort rauskommen, dem Neuen noch nicht ganz trauen, die Unsicherheit aushalten und im Neuen das Verbindende spüren, das Gewebe des Lebens, das uns trägt und lebendig hält. 

Weitere Veröffentlichungen von mir

findet ihr auf auf Transition TV, dessen überregionale Ausgabe ab Januar alle zwei Wochen erscheint. Die letzte veröffentlichte TTV-Sendung ist vom 13. Januar. Sie enthält meine Erläuterung zu den IDGs. Die nächste erscheint Ende Januar. 

Meine TTV-Beiträge finde ihr auch in meinem Youtube-Kanal. Meist geschaut wurde dort der Beitrag »Vom Ich zum Selbst« (11 min). Bald will ich in TTV auch Buchrezensionen und Reportagen einbringen, die dann ebenfalls in meinem Youtube-Kanal erscheinen und freue mich über weitere Abonnenten dort. Der Kanal bisher noch gratis buchbar.

Auch auf zeitpunkt.ch findet ihr einiges von mir. Dort verweise ich besonders gerne auf »Der Norden bestimmt« mit der umgedrehten Weltkarte, die als Impuls dienen will, auch das Untere, bisher Unterdrückte zu würdigen. Und auf KGS-Berlin, für die ich seit acht Jahren den Leitartikel schreibe. Außerdem sind Texte von mir regelmäßig in den Print-Ausgaben von Zeitpunkt (vierteljährlich), Spuren (halbjährlich) und Körper-Geist-Seele Berlin (alle zwei Monate) zu finden. 

Veranstaltungen mit mir 

Zurzeit (17. bis 19. Januar) bin ich wieder im Upleven Hotel der Stille mit dem Seminar zum Thema: Den roten Faden finden. Für Menschen, die ihn vielleicht verloren haben oder sich re-orientieren wollen an einem Wendepunkt im Leben. Was ist die Grundlinie, die mich durchs Leben führt und auch Gegenwind ertragen lässt? Die Umgebung des Upleven ist ideal geeignet für eine Auszeit aus dem Alltag und einen Reset aufs Wesentliche. Das nächste solche Seminar mit mir im Upleven ist vom 9. bis 11. Mai.

Wer sich zuhause mit dem Finden der Essenz des eigenen Lebens beschäftigen will, kann dazu bei Hermann Häfele ein Roter Faden Coaching buchen. Ich kenne ihn aus eigener Erfahrung und kann ihn empfehlen. Wer im Raum Berlin wohnt, kann das bei ihm face to face machen, es geht aber auch online. Auf seiner Webseite kann man auch die sehr hilfreichen Roter Faden Impulse abonnieren, immer noch gratis.

Freitag 31. Januar von 19 h bis 20.30 h, geht die von mir angeleitete Einführung in Meditation in der Yogavilla Emsdetten weiter, mit »Nadabrahma, der heilende Klang der eigenen Stimme«. Am 7. Februar mit Tanz als lustvolle Bewegung & Shiva als Tänzer. Die jeweils 90 min, immer an einem Freitag ab 19 h, bauen aufeinander auf, können aber auch einzeln gebucht werden.

Mein nächstes Seminar im Benediktinerkloster Münsterschwarzach ist vom 24. bis 27. Februar. Dort geht es ums Ankommen. Um die Beheimatung im Relativen, Vergänglichen: in unseren Beziehungen und in einer geliebten Lokalität. Dabei der Übergang vom Fixpunkt Dies-ist-meine-Heimat zur Dynamik des Ich-beheimate mich. Es geht dort auch um die Sehnsucht nach Geborgenheit, die im Relativen nie ganz erfüllt ist. Dieses ist von meinen Seminaren das preisgünstigste, es kostet nur 140 € für die drei Tage + 210 € für U/V im EZ mit Dusche. Die Umgebung der mehr als 100 Benediktinermönche trägt dazu bei, die Suche nach dem Absoluten auch in der Gestalt dieser christlich-europäischen Tradition spürbar zu machen.

Das nächstes Seminar im BeFree, in dem ich wieder die beliebten »Ekstatisch leben«-Seminare anleite, ist Tantra an Ostern vom 17. bis 22. April. 

Save the date: Ein mehrtägiges »Ekstatisch leben«-Seminar wird es im Oktober geben: vom 6. bis 8. Oktober 2025 bei Peter Kanis in Klipphausen bei Meißen. Und vom 24. bis 26. Oktober der Workshop »Sei dir selbst ein Witz – Humor als spiritueller Weg« im Haus Steinstraße 18. Mehr zu diesen Seminaren im nächsten Rundbrief.