In den Kommentaren zu meinem Newsletter von vorgestern (Nr. 134) haben mehrere von euch mir geschrieben, dass sie mich nicht als gescheiterten Unternehmer sehen. Deshalb ein paar Worte zu meinem Verständnis vom menschlichem Scheitern im Allgemeinen und meinem speziellen Scheitern als Unternehmer im Falle von Connection.

Ist alles, was endet, gescheitert?

Zunächst mal das: Ich verstehe das Scheitern als integralen Teil des Lebens und nicht als etwas, dessen man sich schämen muss. Oder sollten wir ein Leben, das mit dem Tod endet, als gescheitert betrachten? Das kann man so sehen, aber dann erleiden wir diese Schmach ausnahmslos alle. 

Oder das Gerede von einer gescheiterten Ehe, weil zwei Menschen nach 25 Jahren innigen Zusammenseins auseinander gehen. Das ist Unsinn, man sollte ihnen eher dazu gratulieren, dass sie 25 Jahre lang miteinander durch dick und dünn gegangen sind (wenn das denn der Fall war – es ist ja nicht immer so, dass alle, die lange zusammen geblieben sind, sich in dieser Zeit unterstützt haben). 

Im Finanziellen gescheitert

Dass ich 30 Jahre lang eine Zeitschrift redaktionell geführt habe, die für ein paar tausend Leser hilfreich und wesentlich war, die viele von ihnen sogar als wichtigen Freund und Begleiter erfahren haben, das freut mich, und darauf bin ich stolz. Dennoch bleibe ich dabei, dass ich »als Unternehmer« – nicht als Redakteur und auch nicht als Autor, sondern als Unternehmer – gescheitert bin. 

Ich habe etlichen meiner Geldgeber die mir geliehenen Gelder nicht zurückzahlen können, das war sehr schmerzhaft für mich und ist noch immer in mir präsent als eine nun vernarbte Wunde. Wie soll ich das sonst nennen? Ich bin mit diesem hohen Anspruch an mich selbst angetreten, alle gegebenen Kredite zurückzahlen zu können, und bin dann trotzdem, trotz hohem bis höchstem Einsatz, damit gescheitert. Ich bin also finanziell gescheitert, als Unternehmer gescheitert. 

Außerdem konnte ich den größten Teil dieser Jahre meinen Autoren nichts bezahlen. Ich hatte nicht mal Zeit, die mir zugeschickten Texte alle zu lesen, das sowieso nicht, aber oft habe nicht mal mehr als die fünf ersten Zeilen davon gelesen. Ich habe meine Mitarbeiter unter ihrem Marktwert bezahlt, und so weiter, und so weiter, es hat finanziell an allen Ecken und Enden nicht gereicht. Deshalb war auch immer die Zeit knapp, die Zeit für Zuwendung, Muße, Anerkennung, Lob und für stilles, stressfreies Beisammensein. 

Prioritäten

Wie soll ich das sonst nennen als ein Scheitern bezüglich meiner Ansprüche in diesen Bereichen? Nein, da mache ich keinen Rückzieher, das ist ein Scheitern. Nach langem inneren Ringen mit diesem so vielfachen Scheitern – hab ich auch wirklich alles versucht, dass es gelingt? Hab ich ich mich auch wirklich genug für diese Ziele eingesetzt? Hab ich sie, Hand aufs Herz, in ausreichendem Maße zur Priorität gemacht? – finde ich es okay, dass ich riskiert habe, auf den genannten Gebieten zu scheitern. Ich bin dafür verantwortlich, dass ich es riskiert habe, und ich stehe zu meinem Scheitern.

Bei all dem bleibt unbenommen, dass dieses Projekt auch viele löbliche Seiten hatte. Das freut mich, und das möchte mich mir ebenso an die Brust heften wie das Scheitern. Beides kann so nebeneinander stehen bleiben. Es gegeneinander aufzurechnen im Sinne von »Hat es sich gelohnt, bei so viel finanziellem Aderlass diese redaktionellen Erfolge zu erzielen?«, ergibt für mich nicht wirklich Sinn, weil ich einer solchen Kosten-Nutzen-Rechnung sehenden Auges niemals zugestimmt hätte.. Nochmal machen würde ich das jedenfalls nicht, nein, keinesfalls. Man wird ja aus Erfahrung klüger. Und doch will ich mich auch nicht dafür schämen, dass ich diese Risiken eingegangen bin. 

Erst unten aufschlagen …

Johannes Galli, einer meiner Lehrer, hat immer wieder betont, dass der Clown im Fallen sich nicht abbremsen darf. Wenn er fällt, muss er bis unten fallen, bis ganz unten, und dann ist es patsch, bumm, aus. Alles aus. Erst dann darf er wieder aufstehen und neu beginnen als ein anderer. Ich will mein unternehmerisches Scheitern nicht schönreden. Ich bin »erfolgreicher Pleitier«, sage ich manchmal mit einem Schmunzeln. Ja, es ist lustig, aber es ist auch traurig, weil viele Menschen, darunter ich selbst, darunter gelitten haben, dass das Unternehmen Connection kein finanzieller Erfolg war. Es hat sich gehalten, darauf können wir stolz sein, wir alle, die daran mitgewirkt haben, aber das Unternehmen hat seine wirtschaftlichen Ziele nicht erreicht. So ist es, und das ist keine Schande, sondern einfach nur ein Scheitern.

… dann kann inmitten der Scherben Neues entstehen

Es macht ja auch keinen Sinn, dass ein Neunzigjähriger, dessen Körper zerfällt, auf der Intentivstation noch eine Weile mit hohem Aufwand am Leben erhalten wird. Das Alte muss gehen, damit das Neue entstehen kann, so ist es in der Biologie, und so ähnlich auch bei sozialen und sozioökonomischen Strukturen. Einen Verlag nur noch zu verwalten, damit er weiterexistiert, ohne dass er Chancen hätte, richtig aufzublühen, das macht keinen Sinn. Ein Käufer hätte aus Connection was machen können, ein richtig schöner Neustart wäre da möglich gewesen, aber ich selbst allein hätte das nicht (mehr) machen können. Ich mache nun was anderes – zum Beispiel dieses Blog. Ohne Porto- und ohne Druckkosten, mit einer Technik, die es vor zwanzig oder dreißig Jahren noch nicht gab.