The Square         Kinostart. 19.10.2017

Die Goldene Palme von Cannes ging dieses Jahr an einen ebenso klugen wie unterhaltsamen und spannenden Film, der im Milieu der Kunstszene angesiedelt ist.

Als Drehbuchautor und Regisseur gibt uns der Schwede Ruben Östlund Einblick in das Leben und Arbeiten Christians (Claes Bang), der als Kurator eines bedeutenden Museums für zeitgenössische Kunst eine zentrale Figur in der Stockholmer Kunstszene ist. Er ist Mitte vierzig, geschieden, seine Teenager-Töchter sieht er nur ab und zu, und er ist so smart, eloquent und weltläufig, dass ihm alles gelingen muss. Gerade bereitet er eine Installation vor, „The Square“, eine abgegrenzte 4×4 m Fläche auf einem offenen Platz. Die steht für humane Werte. Wer sich in dem Viereck aufhält, soll sich verantwortungsvoll verhalten, bzw. bekommt die Unterstützung die ihm aufgrund seiner Menschenwürde zusteht.

Durch einen Trick, der Christians Hilfsbereitschaft ausnutzt, werden ihm auf offener Straße Brieftasche und Handy geklaut. Das ist der Auftakt dafür, dass Verschiedenes schief läuft. Dabei zeigt sich die Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit, Prinzipien und tatsächlichem Verhalten. Christian kann sein Handy bis auf wenige Meter genau orten. Es muss in einem schäbigen Wohnblock am Stadtrand gelandet sein. Aus einer witzigen Laune heraus beschließt er, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Seine Rechnung geht auf. Aber sein taktischer Rundumschlag hat Nebenwirkungen, ein unschuldig betroffener Junge setzt sich zur Wehr und hält ihn in Atem. Er findet sich in einem Milieu wieder, das meilenweit von seiner Upperclass-Welt entfernt ist. Unterdessen hat er eine kurze, angestrengte Affäre mit einer TV Journalistin (Elisabeth Moss), die sich seltsam verhält. Einen Werbeclip für „The Square“ behält er nicht unter Kontrolle und entfacht ungewollt einen Skandal. Seine streitenden Töchter überfordern ihn.

Die wohl eindrucksvollste Szene entwickelt sich bei einem feierlichen Galadinner, das für Sponsoren und Kunstmäzene sowie weitere Honoratioren veranstaltet wird. Dabei findet eine Performance des Künstlers Oleg Rogozijn (Terry Notary) statt: Er tritt als Gorilla auf, der die Gäste erst neckt und dann immer mehr belästigt, bis zur Attacke auf eine Frau. Wie reagiert das Publikum? – Alles andere als souverän. Aber was wäre angemessen? Schließlich handelt es sich um Kunst, und die darf ja provozieren, soll sogar die Betrachter aus ihrer Komfortzone treiben. So ist die Theorie. Aber wehe, wenn das gelingt. Es zeigt sich, wie dünn der Firnis der Zivilisation ist.

Christian wird von den Medien kritisiert und in die Enge getrieben. Als er sich entschuldigt und zurück rudert, wird ihm Selbstzensur vorgeworfen. Eine Pressekonferenz mündet in eine große Diskussion um Moral, Anstand und Werte, angebliches Vertrauen und tatsächliches Misstrauen gegenüber den Mitmenschen. Eine Diskussion, die immer wieder und auf allen Ebenen geführt werden müsste, nicht nur im Bereich der Kunst.