Was mich in den vergangenen Wochen am meisten getroffen hat, waren die Nachrichten über das Insektensterben. In den knapp drei vergangenen Jahrzehnten ist in Deutschland die Biomasse der Insekten um drei Viertel (alle) oder vier Fünftel (die Fluginsekten) zurückgegangen. Es wird stiller da draußen. Das Summen hört auf, die Vögel haben weniger zu essen, die Pflanzen werden nicht mehr bestäubt. Und da regen wir uns auf über Klimaveränderung? Doch, auch das braucht Beachtung, aber wenn die Insekten wegbleiben, ist das für den Erhalt der uns umgegebenden Natur noch schlimmer. 

Wir müssen uns ändern

Seltsam, wie wir Menschen von Moden und Meinungen beeinflusst werden. Kleidungsmoden, Therapiemoden, Ernährungsmoden, und auch in der Politik und ganz allgemein in der Gesellschaft ist mal dieses Thema angesagt, mal jenes, mit nur geringem Bezug zu dem, was tatsächlich wichtig ist. Auch schon vor Al Gores Anstoß mit dem Film »An inconvenient truth« über die globale Klimaerwärmung war klar, dass wir zu viel fossile Energien verbrennen. Aber dann eroberte das Thema auf einmal die Welt und verdrängte andere Themen: die Überfischung der Meere, den Plastikmüll, das ungerechte und umweltzerstörende Weltfinanzsystem, der Fleischkonsum (der zudem mehr als alles andere die Erderwärmung antreibt), die Übervölkerung durch zu hohe Geburtenraten in den armen Ländern und nun auch noch das Wegbleiben nicht nur der Bienen, sondern der Insekten ganz allgemein. 

Wir müssen uns ändern – jetzt! Al Gores Film wurde 2006 veröffentlicht. Sloterdijks Buch mit dem Titel »Du musst dein Leben ändern« erschien 2009. Und nun ist der Nationalismus wieder populär, die Atomwaffen breiten sich aus, von deren Verschrottung kurz nach 1989 noch die Rede war – und es wird immer enger auf einem Planeten mit immer mehr Menschen und immer weniger Natur. Umkehr ist angesagt, und zwar in umfassender Hinsicht: Ernährung und Lebensstil, Verkehr, Politik, Religion und alles, was damit zusammenhängt.

Ich will hier aber nicht wieder eine Brandrede halten. Das können andere besser: Franz Alt, Daniel Pinchbeck, Fabian Scheidler … es gibt so viele gute Brandredner, denen bewusst ist, dass wir Reisende auf der Titanic nicht mehr viele Optionen vor uns haben. Für eine Wende vor dem Eisberg ist es wahrscheinlich zu spät, aber wir hören noch gerne dem Orchester zu, das einfach weiterspielt, so lange es eben geht.

Deshalb hier statt einer Brandrede ein paar Links. Lustige, schreckliche, erbauliche, schöne, alles mit dabei. 

Money makes the world go ‚round

80 % der Bevölkerung stimmten auch bei dieser Bundestagswahl gegen ihre eigenen Interessen. Das hatte Volker Pispers uns das schon vor der Wahl erklärt, in diesem Kurzvideo über das Geldsystem.

Geht es auch ohne Geld? Tobi Rosswog, 27 Jahre alt, lebt und arbeitet fast ohne Geld, aus Protest gegen den Neo-Kapitalismus und die Naturzerstörung. Oh, auf Spiegel-online! Auch die alten Medien, die Produzenten der Mainstreamhypnosen bringen sowas. Aber das muss man ihnen lassen: Im Recherchieren sind sie in den meisten Fällen – leider nicht in allen – doch immer noch besser als die Wutbürger, die da »Fakenews« kreischen und bösartige Lügen in einen Topf werfen mit den milden Verblendungen durch das Übliche, Gewohnte.

Worauf wir fokussieren

Aber die üblichen Verblendungen sind schlimm genug. Wir ignorieren die Umweltprobleme, die weltweit jährlich zu etwa 9 Millionen Todesfällen führen, in Deutschland sind es circa 60.000 Tote. Die paar zig Tode, die von Flüchtlingen verursacht werden medial auszuschlachten bringt den Medien aber mehr Umsatz als eine Erwähnung der 60.000 in Deutschland von Umweltgiften Getöteten. Wobei die Situation in Indien und China noch krasser ist. Deshalb lohnt es sich auf die Auswahl der Themen zu achten, die ist für unser Bewusstsein viel bedeutsamer, weil meinungsbildender, als das Faktische der einzelnen Nachricht.

Haben wir überhaupt eine Chance, die Zivilisation zu retten, bei alledem, was da zur Zeit passiert in der Welt? Das wichtigste und größte wäre eine fundamentale Veränderung des Weltfinanzsystems. Parallel dazu sollten wir das BGE einführen, das bedingungslose Grundeinkommen. Auf Englisch wird es UBI genannt, Universal Basic Income. Allen Kassandra-Stimmen zum Trotz ließe sich das sogar in Indien realisieren, schon mit den jetzt vorhandenen finanziellen Ressourcen, errechnete im vergangenen Februar der Economist, eines der tonangebenden Medien der neoliberalen Weltordnung.

Die Natur

Das eben schon erwähnte Insektensterben in Deutschland ist nicht etwa eine Sommerlochnachricht, sondern eine Tatsache, die jeden nicht völlig abgestumpften Menschen erschüttern muss. Bisher gab es nur einzelne Stichproben, die in diese Richtung deuteten, nun können die Forscher dieses Sterben wirklich gut belegen. Nicht nur die Bienen werden immer weniger, die Menge der Fluginsekten allgemein ist in Deutschland seit 1990 um durchschnittlich 80 % eingebrochen, also auf ein Fünftel gesunken. Betroffen davon sind auch alle insektenfressenden Vögel, die zu bestäubenden Pflanzen und natürlich, direkt und indirekt, auch wir Menschen. Das Summen unter den Bäumen im Frühjahr wird weniger, das Zwitschern der Vögel ebenso. Das mag uns vielleicht an Rachel Carsons »Der stumme Frühling« erinnern, das Buch, mir dem 1962 in gewisser Hinsicht die weltweite Umweltschutzbewegung begann. Die Natur um uns herum stirbt ab. Und irgendwann sind dann auch wir dran. 

Das Selbst

Hat das alle mit uns selbst zu tun, mit dem wie wir uns selbst verstehen, empfinden, gestalten? Das ist die alte Frage, die wichtigste überhaupt, die nach uns selbst, nach dem Subjekt. David Brooks, eine der Edelfedern der NewYorkTimes, die in Zeiten von Trump als eine Art Gegeninstitution (counter culture?) mehr denn je gelesen wird, verfasste kürzlich eine geniale Zusammenfassung der psycho-spirituellen Grundhaltung: Entweder sind wir pro, oder wir sind contra das Selbst, schrieb er. Entweder wollen wir es verwirklichen oder es transzendieren, d.h. überwinden. Die Freuden der Transzendenz stellt er denen der Selbstverwirklichung gegenüber, die in der Maslow-Pyramide den höchsten Wert bildet. So ähnlich wie sich schon zu Buddhas Zeiten die Verehrer des Selbst (Sanskrit: atman) und die Dekonstrukteure des Selbst (Buddhas: anatta, das Nichtselbst) gegenüberstanden. Das Wertesystem des Human Growth Movement kenne nur die Selbstverwirklichung, schreibt David Brooks, und nicht die Transzendenz.

Musik und Bilder

Finn&Maria habe ich in ihren Trommelkursen erlebt, in denen sie auch ‚unplugged‘ singen und spielen (Gitarre und Harfe). Nun haben sie eine CD gemacht, Irake unplugged, die mich schon beim Reinhören auf Wolke 7 versetzt. Sie machen übrigens auch Kakao-Rituale! Aber andere als ich, hehe. 

Wenn du grad sonst kein geeignetes Rauschmittel zur Hand hast – Liebe, Naturbetrachtung oder LSD –, dann schau dir diesen Film von Yann Arthus-Bertran an: »Human – the Movie«, mit seinen wunderschönen Bilder von Menschengesichtern, der Natur und der psychedelischen Musik dazu wirkt er genauso gut.

Am kommenden Mittwoche Abend, 18 h, ist in Ingrids Tantra-Online-Kongress ein lustiges Video von dem Interview zu sehen – für 24 h gratis –, das sie mit mir geführt hat, in dem ich insbesondere über Liebesbeziehungen spreche – neben vielen anderen Videos von Tantra-Experten.

Zum Abschluss noch ein 10-Minuten Musikstück von Manish Vyas, Flöte und Malimba – Balsam für die Seele, nach all den doch nicht nur guten Nachrichten dieses Rundbriefs.