Wie entsteht Bindung, und wie löst sie sich wieder? Warum suchen wir überhaupt Bindung, und warum brauchen wir sie – und sehnen uns doch zugleich nach Freiheit?
Das Bild mit den so ‚herzlich‘ gehaltenen Babyfüßen zeigt, wie Bindung idealerweise entsteht, wenn wir ‚auf die Welt‘ kommen. Das heißt, wenn wir aus dem warmen Wasser des Mutterbauchs hinaus geworfen werden in der Welt der separten Körper. Auch dort draußen wollen wir immer noch gehalten werden.
Sogar als Erwachsene suchen wir noch immer nach Halt. Dann ist Bindung für uns allerdings hauptsächlich nicht mehr eine körperliche, sondern eine narrative Bindung, die durch Verknüpfung zweier Geschichten entsteht: Du erzählst mir was von dir, ich erzähle dir was von mir. So verknüpfen sich unsere beiden narrativen Strukturen – dein Ich und mein Ich, und es entsteht ein Wir.
So ähnlich passiert das auch zwischen Kollektiven. Ethnien und Nationen befreunden oder befeinden einander so ähnlich wie Individuen, je nachdem, was sie sich selbst und anderen erzählen. Fast (glücklicherweise nicht ganz) egal für ihren Erfolg ist bei diesen Erzählungen, ob sie faktisch wahr sind oder nicht.
Als Kinder binden wir uns zunächst sinnlich: Was und wen wir nach der Geburt hören, sehen, riechen, schmecken und fühlen, darin beheimaten wir uns. In diesem Nest suchen wir Schutz. Erst mit den Sprachfähigkeit wird dieses sinnlich entstandene Zugehörigkeitsgefühl von Heimat / Zuhause strukturiert: So bin ich, so sind wir. Hier gehöre ich her, jenes ist mir fremd. Dabei entsteht die Struktur, wen wir für ‚die anderen‘ halten, die vermeintlich nicht so sind wie wir: das Othering, über das ich hier im Blog schon öfter geschrieben habe. Es bildet sich in der Zeit des Aufwachsens mental und infolgedessen sozial. Ebenso wer meinesgleichen ist und unsereins.
Das Gestaltbare
Als Gesamtbegriff für das historisch Gewordene besteht Kultur insofern aus Fiktionen (die Ichs und Wirs), die ins Faktische hinein wirken. Je nachdem an welche Mythen wir glauben, dem entsprechend gestalten wir die faktische Welt. Die ja mehr ist als eine Pokemon-Figur, welche nur für die sichtbar ist, die eine dafür programmierte VR-Brille oder ein darauf programmiertes Handy tragen.
Erkenntnis ist die Fähigkeit, Fiktionen als solche erkennen zu können. Das heißt, die VR-Brille, mit der wir programmiert wurden, abnehmen zu können und so die reale Welt zu sehen. Erst wenn wir Fiktionen von Fakten unterscheiden können, sind wir nicht mehr nur am Jagen von Pokemon-Figuren in einer Traumwelt gefangen. Er nach einem solchen ‚Aufwachen‘ können wir die reale Welt verändern. Kulturelle Gestaltbarkeit wäre das Ergebnis.
»Was halten sie von Kultur? – Oh, was für eine schöne Idee!«, sagte irgendwer mal. Sowas legen wir gerne Gandhi, Einstein oder Charlie Chaplin in den Mund und meinen damit: Kultur ist das von Menschen Erschaffbare. Und was wir als »Kultur« vorfinden, ist noch nicht das Optimum; da ist noch ‚Luft nach oben‘.
Bindung und Freiheit
Was studieren Ethnologen eigentlich? Ja, genau das. Und wenn das gestaltbar ist, warum unterscheiden sich Kulturen dann eigentlich so sehr? Weil diese Fiktionen ein gewisses Beharrungsvermögen haben. »Anhaftung« nennt man das auf den spirituellen Wegen und will diesen Klebstoff loswerden. Womit das Ego-Bashing beginnt und die Geringschätzung von Bindung. Die geringe Bindungsfähigkeit der Moksha (Freiheit) Suchenden wird dann in etwas zu Erstrebendes uminterpretiert. Ist doch ganz schön verflixt, das mit der Bindung und der Freiheit.
Kollektive Gestaltung
Könnten wir doch das Fiktive vom Faktischen unterscheiden, wie unfassbar gut wäre das! Dann könnten wir auch die kollektiven Fiktionen, die uns Heimat bieten, neu gestalten. Der einst imperial-rassistische Kontinent Europa könnte sich eine neue Gestalt geben: freundlich, friedlich, ein zivilisatorisches Vorbild für die anderen Kontinente.
»Mensch, erkenne dich selbst«, hieß es schon in der Antike am Eingang zum Tempel, dem fanum, dem Heiligen. So stehen wir auch heute noch draußen, im Profanen – pro (vor) dem Fanum. Erst die Erkenntnis lässt uns ein.
Beziehung, Migration, Heimat
Migration ist dann verständlich als Wanderung von einer identitären Beheimatung in eine andere. Veränderung. Todo cambia. Pantha rei. Machen wir deshalb besser aus dem Substantiv Heimat ein Verb: sich beheimaten. Das ist dann nicht mehr so steif, wie der Begriff als Substantiv noch war. Unvermeidliche Veränderungen sind dann leichter zu ertragen, erwünschte geschehen schnelle. Wir können Wahlverwandte finden, in denen wir uns beheimaten, um das Nest der Herkunft hinter uns zu lassen, das dann kein Gefängnis mehr ist. Sich einnisten können und sich wieder ausnisten, wenn das Verweilen dort sich als genug erwiesen hat. Dann können wir Scheidungen so feiern wir Hochzeiten, Beerdigungen wie Geburten.
Kreativität
Nach dieser Einleitung nochmal ein paar Worte zum Thema Aufrüstung: Muss das sein? Die Manager der kollektiven Angst sagen: Es geht nicht anders, wir haben keine andere Wahl. Keine andere Wahl? Zunächst mal: danke für diese tiefe Einsicht in euren kompletten Mangel an Kreativität. Dann: Schaut hin! Erkenntnis liefert immer Optionen. Kreativität ist die Fähigkeit Optionen zu erkennen, wenn eine Situation als festgefahren und ausweglos erscheint. Die Fähigkeit über den Tellerrand hinauszuschauen und zu sehen: Auch jenseits meiner kleinen Bubble gibt es noch eine Welt, und die ist noch so fremd, wie wir sie uns per Othering gestaltet haben.
Irrung und Weisheit von KI
Ist KI »die Lösung«? Viele Vergleiche zeigen, dass KI inzwischen kreativer ist als menschliche Individuen und auch als Kollektive. Allerdings wird KI mit Daten von Kollektiven gefüttert und ist insofern eine Ausgeburt des Mainstreams, mit allem, was das an Vor- und Nachteilen hat. Das gibt übrigens auch der Wissenschaftsrundbrief von spektrum.de zu: Die konventionellen Ansichten von KI. Wie auch sonst bei Kollektiven stellt sich da wieder die Frage, ob KI mehr Herdendummheit oder mehr Schwarmintelligenz erzeugt.
Mehr Herdendummheit als Schwarmintelligenz scheint es in unseren Ländern jedenfalls in den Migrationsdebatten zu geben. Sich schützen, sich isolieren, nationale Eigentripps, wohin man schaut. Auch wenn die Trumpsche Abrissbirne inzwischen auf Widerstand trifft, gibt es noch keine weltweite Friedensbewegung und noch nicht einmal einen wirklich wirksamen Widerstand gegen Israels Vorgehen im Gaza-Streifen. Das Mindeste wäre doch, erstmal die Waffenlieferungen an diese grausame, genozidale Regierung zu stoppen.
Hier noch als P.S. vom 1.6., zu diesem Eintrag vom 30.5, ein Kommentar des israelischen Journalisten Gideon Levy zum Schuldkomplex der Deutschen, die sich durch eben diesen Schuldkomplex am Genozid in Gaza mitschuldig gemacht haben.
Und noch ein P.S. (jetzt vom 2. Juni), es zeigt die Wirkung der Geschichten, die man sich in der Politik, zwischen den Nationen voneinander und vom vermeintlich anderen erzählt: das Interview mit dem frz. Historiker Emmanuel Todd in der Emma.
Wanted: eine transkulturelle Ethik
Mehr denn je brauchen wir eine transkulturelle, transethnische Spiritualität. Religiosität und Ethik bräuchten wir eigentlich heute mehr denn je. Insofern freut es mich, dass meine Verteidigung des Yoga Ashrams in Bad Meinberg gegen die Schikanen verschiedener Behörden, unterstützt von den dazu passenden schrägen Urteilen der ‚Qualitätsmedien‘, inzwischen mehr als 17.000 Mal aufgerufen und mehr als 200 Mal kommentiert wurde. Denn ja, das brauchen wir: eine transkulturelle Ethik. Eine Transbubble-Ethik.
28. Juni: Einweihung unserer Jurte
Asterix: Überall herrscht das Imperium, doch in einem kleinen Dorf in Gallien …. Nein, heute im Münsterland. In Greven, 15 km nördlich von Münster. Da wächst inzwischen unser Aldruper Jurtengarten zu einem bewohnbaren Park heran. Im Juni liefert Peter Kanis unsere 7 m Ø winterfeste Veranstaltungsjurte! Das Einweihungsfest des hier entstehenden Jurtengartens steigt am 28. Juni, eine Woche nach Sommersonnenwende. Beginn: nachmittags ab 15 h. Kommt mit ess- und trinkbarem Leckereien, alles, was ihr selbst gerne mögt, wir legen es dann aufs Buffet. Es gibt ein Lagerfeuer, dort wird auch gegrillt – vegetarisch und an diesem Tag auch mit Fleisch.
Retreat-Platz für eine Auszeit
Ab diesem Sommer wird hier auch eine bewohnbare Jurte stehen. Sie ist schon da und muss noch aufgebaut werden. Unser erster Wohnwagen seht hier schon lange, er ist unser Gästezimmer. Gutmöglich kommt im September ein zweiter, mit Vorbau noch viel größerer Wohnwagen dazu.
Ab Mitte August gibt es in der Jurte regelmäßig Meditationen. Außerdem richten wir unseren Platz (den Park + Steinhaus) für Wochenretreats ein, für Menschen, die mal eine Auszeit brauchen und dafür nicht so viel bezahlen können wie z.B. ein Retreat im Upleven an der Nordsee, wo ich vom 22. bis 24. August meinen nächsten Workshop gebe.
Mehr zum Aldruper Jurtengarten als Retreat-Platz für eine Auszeit erfahrt ihr im nächsten Rundbrief. Dann bald auch mehr zum Spenden für diesen bisher unentgeltlichen Rundbrief.
Veranstaltungen mit mir
Das nächste Seminar im BeFree, in dem ich wieder die kurzen Ekstatisch leben-Seminare anleite, ist Tantra an Pfingsten, vom 5. bis 9. Juni.
In der Woche 16. bis 20. Juni wird bei uns die 7 m Ø Veranstaltungsjurte aufgebaut. Lust dabei mitzumachen? Dann mail mich an. Zum Sommerbeginn am 28. Juni feiern wird dort unser erstes großes Einweihungsfest.
Am Samstag, 5. Juli in ich wieder in der Wilden Rose bei Osnabrück, zum Thema »Mein ekstatischer Alltag«: Liebevoll und uns selbst auf die Schippe nehmend tanzen wir durch den Weltinnenraum. Von 10-13 und 15-18 h. Kosten: 80 €. Wer dort mittagessen will: + 17.50 €. Übernachten im Zelt oder Wohnmobil ist für aus der Ferne Anreisende möglich. Anmeldung über Wolfgang Backhaus, wolfgang.backhaus1@t-online.de, 0170 8185121.
Am WE 22. bis 24. August bin ich wieder im Upleven Hotel der Stille. Mit dem Seminar zum Thema: Den roten Faden finden – Reset auf das Wesentliche. Für Menschen, die ihre Orientierung aufs Wesentliche vielleicht verloren haben oder sich an einem Wendepunkt im Leben befinden. Die Umgebung des Upleven ist ideal geeignet für eine Auszeit aus dem Alltag und einen Reset aufs Wesentliche.
Am 16. September beginnt der Kurs »Meditation & Entspannung« im Bildungszentrum unseres örtlichen Krankenhauses in Greven. Er kostet 109 € und geht über die sechs Dienstag-Abende 16.9., 23.9., 14.10., 21.10., 28.10. und 4.11., jeweils 19 h bis 20.30 h. Am 8. November gibt es dort einen 1-Tages-Kurs (von 10 h bis 17.30h) zum Thema »Berührbar sein«, der kostet 69 €. Anmeldung für beides über info@bildungszentrum-greven.de.
Endlich ein mehrtägiges »Ekstatisch leben«-Seminar gibt es vom 8. bis 10. September bei Peter Kanis in 01665 Klipphausen bei Meißen. Seminarkosten 180 € + sehr günstige U/V! Mehr zu diesem und den anderen Termin über meinen neuen Veranstaltungskalender. Anmeldung über mich.
Vom 24. bis 26. Oktober gibt es den ebenfalls ekstatischen Workshop »Sei dir selbst ein Witz – Humor als spiritueller Weg«, im Haus Steinstraße 18 in Leipzig. Seminarkosten 180 €. Anmeldung und Details über angierechlin@hotmail.com.
Und wer schon was fürs nächste Jahr planen will: Vom 2. bis 5. März 2026 bin ich wieder im Gästehaus des Benediktinerklosters Münsterschwarzach, mit dem Seminar »Ankommen in mir selbst – Heimat finden vor dem Hintergrund des Unendlichen«.
Lieber Wolf, jetzt habe ich gerade Deinen Videobeitrag zum Ashram angehört. Was mir „sauer“ aufgestossen ist, waren Deine für mich gefühlt pauschalen und herabwürdigenden Kommentare gegenüber arbeitenden Menschen, die sich in mir wie kleine Argumentationsverstärker für Deine „Hörerbubble“ anhören. Ich finde das passt überhaupt nicht zu Deinem Wunsch oder Vision einer transkulturellen oder transbubbligen Ethik. Sehr schade. Erinnert mich an die Art, wie Danielle Ganser in der Corona-Zeit seine Vorträge mit „Fingerzeig auf andere“ angereichtert hat und damit die „Emotionen-Flöte“ gespielt hat, wie einst der Rattenbursche in Hameln. Dies zum Video gleich mal, da ich den Blogeintrag hier ansonsten noch… Weiterlesen »
Hallo Markus, wie schade, dass du meinen Beitrag über „Narrative Verknüpfungen“noch nicht gelesen hast!!! Wenn du mein Video über den Yoga Vidya Ashram kommentieren willst, kannst du (und solltest du) das DORT tun. Auch dort kannst du kommentieren. Es wird dort sogar sofort sichtbar, nicht wie hier unter meinen Blogeinträgen, wo ich die Kommentare erst freigeben muss. Ich habe ABSOLUT NICHTS gegen arbeitende Menschen! (Mit Ausnahme derer in den Militärindustrien und KZs der Welt, versteht sich.) Seltsam, wie du darauf kommst. Ich bin nun 72 Jahre alt und arbeite noch immer mehr als 50 Stunden die Woche. Für Einnahmen, die… Weiterlesen »
…an Sonnwend wird auch gegrillt – vegetarisch und an dem Tag auch mit Fleisch…
Also nur an dem Tag gegrillte tote Tiere – die hatten auch ein Leben!
Hallo Mona, ja, die hatten auch ein Leben, das stimmt. Du weißt ja, dass ich seit bald 50 Jahren keine toten Tiere mehr esse. Diesen Verzicht anderen aufzuerlegen, ist aber eine andere Sache. Deshalb halte ich es an diesem Fest so, dass auch Karnivoren (Fleischesser) kommen dürfen. Obwohl ich grundsätzlich einen Haushalt vorziehe, in dem keine toten Tiere gegessen werden. Besser noch: eine Gesellschaft, in der Fleischesser die Ausnahme sind. Wenn ich andere durch meine Vorbild (ich bin ja ziemlich gesund für mein Alter) dazu ‚verführen‘ kann, vegetarisch oder sogar vegan zu leben, ist mir das viel lieber als ein… Weiterlesen »