Die arabische Presseagentur Al Jazeera wird in der arabischen und muslimischen Welt anders beurteilt als bei uns im Westen. Das lässt sich sehr gut an den deutschen und englischen Einträgen hierzu in der Wikipedia erkennen – den arabischen Eintrag kann ich leider nicht lesen. Der englische Eintrag erscheint mir übrigens weniger einseitig westlich als der deutsche.

So oder so gesehen

Fast möchte ich sagen: Natürlich sind diese Unterschiede in den Sichtweisen so. Es ist aber nicht »natürlich« so, sondern gesellschaftlich, ethnisch, sprachlich ist das so, und auch das darf – es muss sogar – respektiert werden. Was nicht heißen soll, dass es jenseits der diversen ethnischen und sprachlichen Brillen, mit denen wir auf die Welt schauen, keine davon unabhängige Wahrheit gebe. Sondern nur: Lasst uns mal hinschauen, wie »die anderen« die Sache sehen. Die jeweils anderen. 

Als Jazeera rahmt (framt) die Ereignisse anders als wir es gewohnt sind. Das führt dann zu anderen Bewertungen: vom Framing zum Blaming. 

Spaß am Rumballern und Demütigen

Nun zu dem 9 min Video, das mir zugespielt wurde, ohne dass ich es suchte. Es ist ein Zusammenschnitt von Social Media Posts israelischer Soldaten im Krieg gegen Gaza. Der Zusammenschnitt hat mich nachhaltig schockiert, weil ich die einzelnen Videos, die hier von Al Jazeera editiert wurden, für faktisch wahr halte, obwohl ich weiß, dass sich sowas auch als Fake produzieren lässt. SELBSTVERSTÄNDLICH ist mir bewusst, dass dieses Framing eine Tendenz hat: Es verurteilt die Brutalität des Angriffs israelischer Soldaten auf Zivilisten im Gaza-Streifen seit dem vergangenen Oktober, und vor allem das: Es verurteilt den Spaß, den sie dabei hatten, die Lust am Zerstören und Verhöhnen ihrer Opfer. 

Warum passiert das?

Und nochmal: Selbstverständlich ist mir bewusst, dass nicht alle israelischen Soldaten so sind, wie diese Filmausschnitte es zeigen. Und selbstverständlich verurteile auch ich das Massaker, das Hamas-Kämpfer am vergangenen 7. Oktober unter israelischen Zivilisten angestellt haben.

Eine tiefer gehende Analyse sollte untersuchen, wie es dazu kommt, dass diese jungen, verletzlichen Männer eines in vieler Hinsicht zivilisierten, demokratischen Staates so agieren. Auch dazu gäbe es viel zu sagen (am besten ‚ohne Schaum vorm Mund‘). 

Damit der Ausblick auf uns Homo sapiens (hier v.a. in seinem männlichen Phänotypen) nicht gar so düster ist, schließe ich diesen Blogeintrag ab mit einem Link auf den March of the Mothers von Yael Deckelbaum, den sie schon vor sieben Jahren publizierte. Es ist das ein Friedens- und Liebeslied einer Gruppe von palästinensischen und israelischen Frauen. Wer das kitschig findet und nun zu den Waffen greifen möchte, um ‚Palästina zu befreien‘ – tut das nicht! Gewalt führt immer nur zu weiterer Gewalt. 

Frieden ist möglich, immer noch, auch heute. Wir müssen es nur auch in der Tiefe unserer Seelen wollen, nicht nur hier und da ein bisschen, geschmückt mit einem Peace-Symbol oder einer Friedenstaube als Logo. Wenn dabei Traumata zu heilen sind, dann lasst das angehen. Was auch immer es braucht, damit Menschen nicht so agieren wie die hier gezeigten israelischen Soldaten. Aber nicht zurückschlagen! Rache führt nur zu immer weiteren Verletztungen und hinterlässt weitere Traumata in nicht endenden Gewaltspiralen.

Das Aufmacherfoto zu diesem Blogeintrag wurde von Claus Peter Hant im Winter 2024 auf Los Llanos aufgenommen, auf der kanarischen Insel La Palma. Dort demonstrierten Schüler/innen gegen die einseitige Darstellung des ‚Gaza-Kriegs‘ in unseren Medien.