Aus dem Upleven Hotel der Stille, der Blick vom Deich aus aufs Meer

Auf dem Weg des Atems kann man zu sich kommen oder beim sich Zentrieren. Oder man lenkt den Fokus mental auf den Beobachter in sich, auf den alles Geschehen Bezeugenden. Oder, nach einem Verlust von etwas Wichtigem, Vertrautem, Geliebtem, sammle sich innerlich. Solang das in die Mitte führt, ins Jetzt, ist das alles gleich gut. 

Scheu vor der Mitte? Lieber sich ablenken, zerstreuen? Zeit vertreiben? Rilke schrieb dazu (1920): »Wunderliches Wort: die Zeit vertreiben! Sie zu halten, wäre das Problem. Denn, wen ängstigt’s nicht: wo ist ein Bleiben, wo ein endlich Sein in alledem?«

Wenn ich nach meinem Beruf gefragt werde, sage ich in letzter Zeit öfter: Ich bin Meditationslehrer. Dabei weiß ich doch, dass man Meditation nicht lehren kann. Die Vorbereitungen darauf jedoch, die kann man lehren. Das Weglassen des Unwesentlichen, das Aufräumen, aber nicht die Meditation selbst. Die geschieht erst, wenn wir keinem Ratgeber mehr zuhören und keine Anleitungen und Gebrausanweisungen mehr lesen oder erinnern. Wenn wir nur noch bei uns selbst sind, inmitten von allem. Allein. 

Aufräumen

Ach, das Aufräumen! Ordnung schaffen, Aufräumen, Priorisieren, das verschieben wir gerne auf irgendwann später, weil das Entscheidungen verlangt. Entscheidungen geben zwar Sicherheit, sie lassen uns ankommen in dem, wofür wir uns entschieden haben, das gibt Sicherheit / Selbstsicherheit. Entscheidungen sind aber auch immer Scheidungen. Trennungen von den Möglichkeiten, für die man sich stattdessen auch hätte entscheiden können.

Wer nicht aufräumt und Ordnung schafft, wird dafür hart bestraft. Die erste Ebene der Bestrafung ist das Suchenmüssen, sei es von Gegenständen, Terminen und Notizen, aber auch von Kontakten, die einem mal wichtig waren. Die zweite Ebene der Bestrafung ist das dauerhafte abgelenkt Sein, dass uns das Kostbarste stiehlt, was wir haben: Lebenszeit. Die wir besser hier verbringen und nicht in Gedanken, grübelnd, abwesend, uns selbst oder anderen Vorwürfe machend, zerstreut, unbewusst.

Aufmerksamkeitsdiebstahl, attention theft, ist eine der krassesten Plagen unserer Zeit. Nie waren mehr Diebe dieser Art unterwegs als heute, in dieser Welt der überquellenden Möglichkeiten, in der alles und jeder unsere Aufmerksamkeit zu erhaschen sucht, v.a. über die vielen Medienkanäle. SMS, Telefonate, Nachrichten, Kaufangebote, mögliche Bekanntschaften, Urlaubsorte, Verdienstchancen, Nahrungsmittelergänzungen, Gesundheits-, Freizeit- und Persönlichkeitsverbesserungsangebote … wohin nur mit mir selbst, mit meinem Fokus auf mich und das mir Wichtige zwischen alledem? 

Viel ist nicht immer gut

Dass ein Zuviel schaden kann, betrifft auch die Nachrichten. Zumal dann, wenn überwiegend Empörendes berichtet wird. Die Algorithmen der sozialen Medien bekommen ja mit, was uns sie Nutzende empört, und da sie uns maximal faszinieren wollen, das ist ihr Geschäftsprinzip, bieten sie uns maximal Empörendes, egal, ob es wahr ist. Immer noch mehr von dem Schlimmen macht uns jedoch nicht klüger, sondern krank. Es kann sogar zu Völkermord führen, wie vor einigen Jahren der aufgrund von Facebooks Empörungs-Spiralen explodierende Völkermord an den Rohingya in Myanmar.

Das Unwesentliche weglassen

Zurück zum Atem, dem bei sich Ankommen und meiner Tätigkeit als Meditationslehrer, der ich auf das nicht Lehrbare hinweisen und darauf vorbereiten will. Einer der Orte, an denen ich das gerne tue, ist das Upleven Hotel der Stille an der Nordsee. Dort gebe ich Ende November wieder mal einen Wochenendworkshop, der hilft, das Wesentliche zu finden, indem die Teilnehmenden eingeladen sind, dort schon mal das Unwesentliche wegzulassen. Bei sich selbst anzukommen und den roten Faden zu finden, der sie durchs Leben führt. 

Eben das möchte ich ab Frühjahr auch bei uns in Greven anbieten, im ‚Aldruper Jurtengarten‘. Dort bauen wir gerade unseren Garten aus (und können dabei noch helfende Hände gebrauchen). Mit Jurten, Zelten, Draußenküche, Feuerstelle, Ökoklo, essbaren Pflanzen und allem, was uns sonst noch glücklich macht.