Warum gibt es diese Pandemie? Ist unsere Angst vor diesem Virus übertrieben? Immer mehr Kritiker sagen, mit dem Bohei über Corona verdrängen wir unsere Angst vor den wirklich großen Gefahren: Umweltzerstörung, Klimawende, massenhafte Verarmung, digitale Diktatur und die Angst vor dem eigenen, individuellen Tod.

Drei Ängste

In einem leider viel zu langen (1 h 40 min) Vortrag sprach der Schweizer Historiker Daniele Ganser am 5.2. in Basel über Corona und China – eine Diktatur als Vorbild? Darin spricht er gleich am Anfang (bis min 15) über die drei Ängste, die unsere Gesellschaft spalten: die Angst vor dem Virus, die vor sozialem Abstieg & Armut und die vor (v.a.digitaler) Kontrolle. In diesen lohnenden ersten 15 min seines Vortrags bringt er ein paar Zahlen, die mehr Einsicht verschaffen als die uns täglich verabreichte Dosis an Daten vom RKI: Weltweit haben die meisten Menschen v.a. vor dem Virus Angst, obwohl daran oder damit bisher nur 1,8 Mio gestorben sind, weniger als 0,03 % der Weltbevölkerung. Während jedes Jahr insgesamt etwa 50 Millionen Menschen sterben und 130 Millionen geboren werden. Ganser erinnert auch an Duterte, der in den Philippinen eine Corona-Diktatur errichtet hat und beschreibt, wie sehr China schon zu einem Überwachungsstaat geworden ist.

Hier ergänzend noch ein aktueller Vergleich vom 19. Februar, den ich auf der Webseite von Boris Reitschuster fand: die Corona-Zahlen der 2. Welle in Schweden und Deutschland.

Ist der Mensch gut?

Einen größeren Bogen schlägt das Gespräch zwischen den Historikern Rutger Bregman und Yuval Harari, die am 5.2.21 von der Chefredakteurin des economist zur Zukunft der Menschheit befragt wurden. Der 32-Jährige Rutger Bregman erzählt dort, wie freundlich wir Menschen doch im Grunde seien. Das macht ihn zum Optimisten. Harari hält dagegen und wendet ein, dass wir zwar in Gruppen der Größe, wie sie in der Steinzeit üblich waren, freundlich seien, in größeren aber nur der Zusammenhalt zähle, den ein Narrativ bewirke, an den alle glauben. Solche Narrative können auch grausame und unwahre Geschichten sein, wie die von Hitler, Stalin oder Mao, oder die der Christen und Moslem, dass Märtyrer nach dem Tod gleich in den Himmel kämen. Ich hab mir daraufhin Bregmans Buch Im Grunde gut: Eine neue Geschichte der Menschheit als Hörbuch runtergeladen. Mehr dazu im nächsten Rundbrief.

Die Stimmung im Lande

Und nochmal zum Thema Corona, eine kluge Stimme aus dem Mainstream: Der Kolumnist der SZ Heribert Prantl verteidigt die Grundrechte.

Nicht ganz so Mainstream ist der im Nazireich geborene Hans-Joachim Maaz, der dann als Arzt und Psychiater die DDR erlebt hat. Er sagt, dass es in unserer Gesellschaft die narzisstischen Psychopathen am leichtesten hätten in Spitzenpositionen zu gelangen. Am 7.2.21 sprach er über die gespaltene, narzisstische Gesellschaft, die ihre Ängste auf ein Virus projiziert. Als erfahrener Gruppentherapeut erklärt er dort auch, warum unsere Gesellschaft die Verschwörungstheoretiker braucht und sie nicht ausgrenzen sollte: Sie haben etwas Wichtiges erkannt, wenn auch nicht das Ganze. 

Eskalation der Opfer

Maaz erklärt in diesem Interview auch, warum unsere Politiker, die einmal mit der jetzt herrschenden Corona-Politik angefangen hätten, da nun nicht mehr raus könnten. Sie müssten eigentlich zugeben, dass sie etwas falsch gemacht haben, aber »das kann ein Narzisst nicht«, sagt Maaz, deshalb machen sie weiter. 

Als Beispiel fallen mir dazu auch die Isonzo-Schlachten im Ersten Weltkrieg ein. Da konnten die italienischen Politiker nicht zugeben, dass sie schon Tausende von Soldaten an einer undurchdringlichen Front sinnlos geopfert hatten. Nun forderten sie, in weiteren Schlachten immer noch mehr »unserer Jungs« zu opfern, damit die in der ersten Schlacht Gefallenen nicht »nicht umsonst gestorben« wären. Je größer das erste Opfer, das man aus Dummheit gemacht hat, umso eher ist man bereit zu weiteren, noch größeren Opfern derselben Art, damit das erste nicht als sinnlos erscheint. Das gilt auch für Einkäufe in unserer Wirtschaft. Wenn wir etwas Unnützes teuer eingekauft haben, sind wir geneigt, nun immer weiter Ähnliches zu kaufen, um nicht als dumm dazustehen. Z.B. setzen wir dann einen Kurs fort, der uns schon beim ersten Mal nichts gebracht hat. 

Sippenhaft, Cliquenhaft

Dass Maaz m.E. die Schäden der Maskenpflicht übertreibt, dass er sich manchmal mit Menschen an einen Tisch setzt, die ich nicht so gerne in meiner WG hätte und dass er einiges so ein- oder zuordnet, wie ich es nicht tun würde, nehme ich nicht zum Anlass, seine Einsichten pauschal in die Tonne zu treten. So handhabe ich es auch mit Boris Reitschuster, der kürzlich einige seiner Kollegen in der Bundespressekonferenz genervt hat, und anderen, auf die ich hier in meinem Blog verlinke. Ich muss ja nicht mit allem einverstanden sein, was ein Mensch im Lauf der Zeit so sagt und postet, um es wertvoll zu finden, ihm zuzuhören. Gerade in Zeiten des Internets sollten wir uns davor hüten in Selbstbestätigungsblasen hängen zu bleiben. 

Mit gegangen mit gehangen? Die um sich greifende politische Praxis der Verdächtigung derer, die in der Nähe von Menschen gesehen wurden, mit denen man die Meinung nicht teilt, verstärkt den üblen Trend zur Blasenbildung noch. Überspitzt gesagt: Wenn ein Idiot eine Wahrheit sagt, ist es immer noch eine Wahrheit, und ich habe keinen Grund diese nun für beschmutzt zu halten, weil sie von einem Ort ausgesendet wird, der auf Hygiene keinen großen Wert legt. 

Kulturwissenschaft ist in

Als ich mein Studium begann, schrieb ich mich für Physik ein. Von Einsteins Entdeckungen beeindruckt, hielt ich das für die grundlegende Wissenschaft. In der ersten Hälfte des 20. Jhd. war sie das wohl auch. Aber dann kam die Biologie, die bald für uns Menschen viel relevantere Ergebnisse brachte als sowas Esoterisches wie die String-Theorie, Quarks und Hadronen. Auch heute ist die Biologie immer noch höchst relevant, aber die Kulturwissenschaften holen auf. Zu denen gehören auch die Historiker. Zu dreien von ihnen habe ich in diesem Blogeintrag Links gesetzt. Ganser (TM) und Harari (Vipassana) sind Meditierer, von Bregman weiß ich es nicht, er wirkt auf mich wie ein optimistischer, wissenschaftlich denkender Hippie. Muss man als Physiker oder Biologe meditieren? Es könnte helfen. Bei einem Kulturwissenschaftler aber würde ich es fast voraussetzen, denn da muss man über den Rand der eigenen Kultur hinausschauen können, noch viel mehr als das für alle anderen Berufe und Lebenswege gilt. 

Bhagwan ist nun Geschichte

In der ARD-Mediathek gibt es nun (bis Feb 22) einen kritisch reflektierenden Film über die Sannyasbewegung, die allmählich Thema historischer Betrachtungen wird: Bhagwan – die Deutschen und der Guru. Der Film zeigt in beachtlichen anderthalb Stunden die Geschichte v.a. aus der Sicht der Sannyasins. Damals erschien »der Guru« den Kirchen noch als hochgefährlich. Selbst aus der Jesus-Sekte hervorgegangen, stellten sie sich in Allianz mit den Öffentlich-Rechtlichen (Tagesschau & Co) gegen »die Sekte« auf und schickten Sektenpfarrer unters Volk, um die verlorenen Seelen zu retten. Für Juristen wie Religionswissenschaftler hingegen war und ist die Sannyasbewegung eben gerade keine Sekte, sondern eine wilde Bewegung mit anarchischen Zügen. Wie hat der Filmemacher Jobst Knigge die Bosse der ARD zum Abnicken dieser so positiv auswählenden Doku bringen können? Vielleicht ist sowas erst jetzt, in Zeiten der Erschütterungen durch Corona und nach den vier Trump-Jahren möglich, da wieder mehr Menschen am »Weiter wie bisher« zweifeln.

Kann »Erwachen« schief gehen?

Ein paar Mal habe ich in diesem Blog schon das Buch von Claus Hant, »Hitler – die wenig bekannten Fakten«, erwähnt. Habe hier dieses Buch selbst rezensiert und kurz darauf nochmal an das Unbegreifliche erinnert, das für die meisten Biografen diese Person umgibt. Nun hat auch Roland Rottenfußer, der mal vier Jahre lang Redakteur meiner Zeitschrift Connection war und nun stellvertretender Redakteur des Online-Magazins Rubikon ist, sich ausführlich zu diesem Buch geäußert. Er nennt Hitlers sogenanntes Erwachen eine Dunkle Erleuchtung. Mit Claus Hant ist er der Ansicht, dass »Tendenzen, die in unserer heutigen gesellschaftlichen Realität schlummern, in unserer vernetzten Welt eine moderne Erlöserfigur in hochgradig potenzierter Form lebendig werden lassen könnten. Das könnte selbst die schlimmsten Alpträume heutiger Zukunfts-Warner weit übertreffen.« Deshalb lohnt es, heute nochmal darauf zu schauen, wie Hitler damals zu einer solchen Erlöserfigur werden konnte.

Was ist wirklich wichtig?

Harari ist einer der profiliertesten Warner unserer Zeit vor heute möglichen Dystopien. In einen Live Talk in Los Angeles im Sept 2018 jedoch trafen die klugen Fragen eines sympathisierenden Interviewers auf einen gut gelaunten, humorvollen Harari. Weniger angespannt als sonst sprach er hier über sein Leben, seine Meditationspraxis und das Entstehen seiner Bestseller (er war völlig überrascht von dem Erfolg). Wie auch sonst erinnerte er jedoch auch hier daran, dass wir uns viel zu leicht von den wirklich wichtigen Themen ablenken lassen: die Chancen und Gefahren von KI, die Gefahr eines Atomkriegs und der Kollaps des Ökosystems.

Veranstaltungen mit mir  

• Zur Zeit lebe ich auf der kanarischen Insel La Palma und schreibe hier an meinem »Humor-Trainer für den Alltag«, der noch vor Jahresmitte erscheinen soll. Um der Praxis nicht fern zu bleiben, gebe ich hier zwei kleine Eintagesseminare. Eines trägt den Titel »Corona-Theater«, ein anderes schlicht »Humorworkshop«. Wer daran interessiert ist und sich zur Zeit auf La Palma befindet, schicke mir eine Mail an schneider@connection.de. Teilnehmer, die wegen eines Workshops mit mir hierher fliegen, akzeptiere ich nicht (es ist schlimm genug, dass ich das Flugzeug nehmen musste, um herzukommen). 

• Mein/unserer Seminarplan für 2021 steht noch nicht. Warum, muss ich hier nicht sagen. Bei BeFree bin ich jedenfalls weiterhin dabei, beginnend mit dem BeFree-Seminar an Ostern, das hoffentlich stattfinden darf. Ich möchte auch die geplanten Visionsseminare und Humorworkshops durchführen, und auch unseren im Oktober beginnenden, nicht durch Corona gefährdeten (wir werden dort ein Haushalt sein) Bachelor of Being.

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Und ein P.S. zur heutigen Diskussion in den Kommentaren dieses Blogeintrags (gefunden heute, an diesem sonnigen Tag, in einem Schaufenster am Bebelplatz in Kassel):