»Atman ist Brahman« ist einer der Sprüche, den man von Yogis und Fans der indischen Philosophie kennt. Meist einfach nur dahergeplappert, so wie das christliche »in Gottes Namen«, manchmal auch mit tiefem Verständnis für die Bedeutung. Die formuliere ich jetzt mal auf Deutsch so: »Beobachter und Beobachtetes sind eins«. Weil ich das Selbst als ein substantiviertes, rückbezügliches Demonstrativpronomen verstehe: Es verweist auf das Subjekt, auf mich selbst. Auf die Leserin dieses Textes, die da versucht, die Welt zu verstehen. Und was ist dann »die Welt«? Das Nicht-Ich. Darf ich dieses Gegenüber dann »Du« nennen? Und Ich und Nicht-Ich, also das Ganze, »Gott«? Viel lieber als bei einer Antwort bleibe ich bei der Frage, wer ich bin. Anders gesagt: bei der Frage, für wen ich mich gerade halte. Noch anders: Wen oder was ich als mir zugehörig empfinde. Üblicher ist die Redeweise: Wen oder was ich in mein Herz aufgenommen habe, in den Ich-Raum, mein Selbst, das Atman, das »Tat twam asi« (übersetzt: auch das bin ich). Dann ergibt sich hieraus die Praxis der Empathie oder Selbstausdehnung: Wen oder was ich wahrnehme, auch das bin ich. 

Übrigens ist die Wortwurzel von Atman auch die von Atem, und auch das wieder ist sehr praktisch: Wenn wir unser Bewusstsein auf den Atem lenken, verbinden wir so unsere Innenwelten (Gedanken, Gefühle, Träume) mit dem, was wir für die Außenwelt halten, dem vermeintlichen Nicht-Ich.

Cash & Karma

Mitte März habe ich im Yogya-Vidya Ashram Bad Meinberg Sukadev Volker Bretz getroffen, den Gründer und Leiter dieses größten Yoga-Ashrams in Europa. Anfang September hatte die ARD die Story »Cash & Karma« veröffentlicht, in der die Person Sukadev als Unternehmer dargestellt wurde, dem es vor allem ums Geldverdienen geht. »Karma-Yoga«, die indische Philosophie des uneigennützigen Dienens, würde dem Unternehmersohn nur zu gut ins Konzept passen, um seine Mitarbeiter mit einem Taschengeld abzuspeisen, anstatt ihnen wenigstens den bei uns vorgeschriebenen Mindestlohn zu zahlen. Das ist der Tenor dieses ARD-Berichtes, der viel faktisch Wahres bringt, aber auf eine Weise zusammengestellt ist, das man sich nach dem Anschauen dieses Films als an Yoga Interessierter Mensch nicht mehr in die Fänge einer solchen Institution begeben möchte. 

Nirrens Dekonstruktion des ARD-Berichts

Was die faktische Seite des ARD-Berichts anbelangt, möchte ich hier auf die »Dekonstruktion« von Nirren verweisen. Nirren kennt die Einzelheiten viel besser als ich, und auch als Kommentator des ARD-Berichts macht er seine Sache gut, obwohl er einiges überspitzt. Von der Tendenz des ARD-Film bleibt nach dieser Dekonstruktion nicht mehr viel übrig. 

Mein persönlicher Eindruck von Sukadev ist der eines talentierten Unternehmers, dessen Herzensprojekt und Lebenswerk die Verbreitung des Sivananda-Yoga Weges ist. Dass er dieses Unternehmer-Talent hat, dazu möchte ich ihm viel eher gratulieren, als ihm übel zu nehmen, dass er bei der Renovierung der dritten von ihm übernommenen Klinik nicht gut genug kontrollierte, dass die dort mithelfenden Karma-Yogis bei der Entsorgung von Asbest alle nötigen Sicherheitsvorschriften einhielten. Es kommt eben drauf an, wo man den Fokus hinlenkt. Mit genug detaillierten Infos und dazu passendem Filmmaterial kann man wohl jeden Unternehmer, Politiker, Guru oder Künstler in Verruf bringen. Eben das ist diesem ARD-Bericht gelungen, so dass die von Yoga-Vidya angebotenen Yoga-Kruse und die von dort betreuten Zentren nun ernsthaft wirtschaftliche Schwierigkeiten haben. Yoga Vidya hat die Corona-Zeit überlebt, die ein Schock für alle Anbieter von Yoga war. Das Zentrum in Bad Meinberg wird auch diesen ARD-Bericht überleben, aber er hat mich an so manche andere Story erinnert, mit der die leider noch immer von Kirchenvertretern besetzten Gremien der Öffentlich-Rechtlichen nicht-christliche spirituelle Wege und Praktiken darstellen. 

Geimpft im Hinblick auf naiven Glauben

Mein persönliches ‚Erwachen‘ in dieser Hinsicht war der Umgang von Tagesschau & Co in der Berichterstattung über Osho, damals Bhagwan genannt, gegen den die »Sektenpfarrer« eingesetzt wurden, um die christlich konditionierten Schäfchen nicht vom rechten Weg abkommen zu lassen. Seitdem bezeichne ich mich als ‚geimpft‘ im Hinblick auf den naiven Glauben, dass die Öffentlich-Rechtlichen oder die sogenannten seriösen Medien (Spiegel, Zeit, SZ, FAZ, v.a. diese Phalanx) uns die Wirklichkeit so zeigen würden, wie sie ist. 

Für viele in meiner sozialen Umgebung war die Pandemie mit ihrer Ausgrenzung der Impf-Skeptiker ironischer Weise eine solche Impfung. Nun können sie den Autoritäten in den Regierungen, den Behörden und den Medien schier nichts mehr so recht glauben. Warum sollen wir uns jetzt auf einen Krieg gegen Russland vorbereiten, ein Land, das doch vor der NATO mehr Angst haben muss als umgekehrt? Warum soll Deutschland »aufgrund seiner Geschichte« nun eine Regierung bedingungslos unterstützen, die gerade im Gaza-Streifen einen Massenmord begeht – als sei der Holocaust nicht schon schlimm genug und müsse nun nicht gegen noch andere Andersartige – die Palästinenser in ihrem Land – fortgesetzt werden, und dieses Schlachtfeld übelster Grausamkeiten nennen wir auch noch »Heiliges Land« – nein, das kann kein fühlender Mensch verstehen.

Krank durch Meditation?

Der SWR-Doku »Krank durch Meditation« – (als Text bei tagesschau.de) möchte ich ein »Krank durch Anpassung an ein krankes System« oder »Krank durch Verweigerung der Meditation« entgegen setzen. Der ARD-Bericht ist nicht grundsätzlich schlecht oder falsch, aber auch hier werden Fälle ausgewählt, die den Eindruck eines sorgfältigen investigativen Journalismus erwecken wollen. Das Framing aber ist sensationslüstern und verzerrend. Wer sucht, der findet sie auch: die Fälle, in denen Meditation nicht nur nicht gelingt, sondern in denen sie eine Situation sogar noch verschlimmert. Kritiklos werden hier die psychiatrischen Kliniken als rettende Häfen darstellt, in denen die Opfer psychotherapeutisch nicht gut genug ausgebildeter Meditationslehrer leider abgeliefert werden mussten. 

Der ich seit mehr als vierzig Jahren Meditationen anleite und psychotherapeutisch gut ausgebildet bin, möchte ich einen ganz einfachen Rat geben: Meditiere lieber mit einer realen Lehrerin als mit einer App. Und wenn du nicht leicht mehr als ein paar Minuten still sitzen kannst, denn tob dich erstmal aus, mache einen Saunagang, ehe du es mit Stillsitzen probierst. Jogge vorher oder lade dir eine der Osho-Meditationen aus dem Netz, zum Beispiel die Osho-Kundalini. 

Der Elefant im Raum

Und was ist mit denen, die in den Psychiatrien geschädigt wurden oder von inkompetenten Psychotherapeuten? Oder die von inkompetenten Theologen Geschädigten, die als Kinder dort ihre Doktorspiele und Onanie beichten mussten und dafür Höllenqualen angedroht bekamen? Und was mit den psychosomatisch Erkrankten, die bis hin zum Burnout durchhielten und manchmal bis zum Suizid weitermachten, weil sie nicht meditierten? Als sympathisierender Zuschauer möchte ich so vielem in dieser ARD-Doku zustimmen: Ja, das sollte alles noch besser werden, es könnte noch bewusster, noch kompetenter und noch liebevoller gehandhabt werden, und nur mit einer App zu meditieren ist bedenklich. Das Framing dieses Films jedoch schafft zu Unrecht Misstrauen gegenüber Meditation, denn die Folgen und Nebenwirkungen des Nicht-Meditierens sind der Elefant im Raum, der hier nicht genannt wird. Und dieser Elefant ist ziemlich groß.

Die letzte Überschrift im Text zu dem Film lautet mahnend »Keine verpflichtende Ausbildung, keine Kontrolle«. Oje … und wer kontrolliert die Medienschaffenden, die sowas Verzerrendes berichten? Menschen im Medizin- und Pädagogikbetrieb, insbesondere Ärzte und Lehrer, müssen nicht einmal einen reflektierenden Selbsterfahrungsprozess durchlaufen, eh sie auf Patienten und Schüler losgelassen werden. Aber ausgerechnet bei Menschen, die Mediation anleiten, sollen Kontrollen eingeführt werden, damit die paar, bei denen da was schief geht, nicht – vom Regen in die Traufe – in den Psychiatrien abgegeben werden müssen? Nein danke. Da meditiere ich doch lieber im Wald ganz allein, als mich in die Nähe von einem dieser Kontrolleure zu begeben, bei dem Gedanken fröstelt’s mich schon jetzt.

Auch dem ARD-Bericht »Cash & Karma« möchte ich die Frage anfügen, was mit denen geschieht, die kein Yoga praktizieren, sondern sich weiterhin schlecht ernähren, zu wenig bewegen, im Hamsterrad des Schneller-Weiter-Höher vorwärts hetzen, ganz so, als hätte diese Gesellschaft, wenn sie nur einfach weiter macht wie bisher, eine Zukunft. Fettsucht, Spielsucht, Beziehungskrisen, Gewalt, sexueller Missbrauch, zunehmende Allergien und Depressionen, letztlich auch die Kriege, die diese Gesellschaft führt, gegen die Natur, gegen sich selbst und – passend dazu – gegen die von ihr medial aufgebauten Feinde. 

Weltmachtdämmerung

Deshalb hier nochmal wieder zu einigen Schrecken der Politik, die ich trotz aller Daseinsfreude und Atman-ist-Brahman Bewusstsein nicht übergehen will, denn die Kriegsbereitschaft steigt in Deutschland und der EU noch immer an. Vor allem die politischen Falken, die Rüstungsindustrie, die AfD profitieren davon, indirekt auch die USA in dieser Zeit ihrer Weltmachtdämmerung, egal ob Trump oder Biden dort die nächste Wahl gewinnt. Für zu viele bei uns steht – noch immer oder jetzt wieder – der Feind im Osten.

Wer die USA kennt, weiß, dass einer, der so gut ist wie Bernie Sanders, dort keine Chance hat, Präsident zu werden. Auch wenn es ihm gelänge, würde er vermutlich vom System einkassiert und aufgerieben, so wie Barack Obama in den acht Jahren seiner Präsidentschaft. Immerhin erhebt Bernie Sanders als Senator von Vermont auch im US-Kongress immer wieder seine Stimme und fordert mit deutlichen Worten eine Neuausrichtung der sich im Sinkflug befindenden Weltmacht USA. 

Veranstaltungen mit mir 

Mein nächstes Seminar im Upleven Hotel der Stille ist dem Thema Humorvoll altern gewidmet. Es ist speziell für Menschen im Alter von 50 bis 70, an der Wende zur Alters(frei)zeit gedacht. An dieser Stelle im Leben treten die uralten Sinnfragen: »Wo komme ich her, wo gehe ich hin, und was soll das alles« nochmal mit voller Wucht auf den Plan. Wir sollten uns jedoch trotz kaum vermeidlicher Altersleiden und der Annäherung an das individuelle Lebensende nicht in Selbstmitleid baden, sondern uns lieber durch einen schmunzelnden Blick auf uns selbst als würdige ‚Elder‘ erweisen. Auch die Statistiken bestätigen es:  Diese Zeit nach den Erschöpfungen im Hamsterrad ist für viele die glücklichste im Leben.

Weitere Seminare von mir im Upleven sind 23.-25. August, 12.-15. Sept und 29. Nov bis 1. Dez. Für die Werktätigen habe ich dort jeweils ein WE gewählt, beginnend am Freitagabend. Fast immer bin ich danach noch zwei Tage dort, zum Vertiefen. Anreise per Bahn bis Wremen ist gut möglich. Bei allein diesen Seminaren im Upleven geht es um Neuorientierung, an einem Wendepunkt im Leben auf der Basis der Einsicht in: Was will ich wirklich?

Vom 16. bis 19. Mail bin ich (wie immer sowohl als Assistent, Co-Leiter und Teilnehmer) wieder im BeFree Pfingstseminar. Dort geht es zentral um das Vaterthema: Wie stehe ich heute zu meinem Vater? Ich selbst werde dort vermutlich wieder die Ekstatisch-Leben-Workshops anbieten und das Kussritual.

Anfang Juni bin ich in der Abtei Münsterschwarzach, dem Wirkungsort von Anselm Grün. Sowohl die Kursgebühr wie U/V sind hier besonders günstig: Ich bin angekommen heißt das Seminar. Bei sich selbst ankommen & Heimat finden, darum geht es in diesem 3-Tage-Seminar vom 3. bis 6. Juni 2024 im Gästehaus der Abtei Münsterschwarzach. Es kostet 140 € + 210 € für U&V. Beginn am Mo um 18 h, Ende am Do um 14 h.