Inwieweit wir unserer Wahrnehmung trauen können, ist eine Frage, die uns Menschen seit je beschäftigt. Ist das wahr, was jemand uns von einem Ort oder einem Menschen erzählt, den wir nie selbst gesehen oder gehört haben? Es könnte eine Lüge sein oder die aufrichtige Weitergabe einer Selbsttäuschung. Und wenn wir die Sonne über den Himmel ziehen sehen, bewegt die sich wirklich? Das ist eine Täuschung, sagen die Astronomen, eigentlich seien wir es, die uns bewegen, auf einer sich drehenden Kugel. Aber ist nicht auch das eine Illusion?

Maya

Wer sich mit asiatischer Weisheit beschäftigt hat, wird dem vielleicht hinzufügen wollen, dass ja »alles Maya« sei. Das hätten schon die alten Inder erkannt und mit diesem Begriff aus dem Sanskrit beschrieben. Unser Weltbild wird ja im Gehirn gemacht. Ohne Sinnesorgane und einem Gehirn, das die Daten verarbeitet, hätten wir gar kein Weltbild und wüssten nichts über die Welt. Gibt es da draußen überhaupt eine Welt? Oder gibt es in unseren Gehirn nur ein Bild von etwas, das da draußen gar nicht existiert? Ein bisschen widersprüchlich ist das zwar, denn für diese Vorstellung braucht man ja erstmal ein Bild von einem Gehirn, das Daten aufnimmt, also ein Weltbild, an das man glaubt, während man sich fragt, ob diese Daten Fakten wiedergeben oder uns nur etwas vorgaukeln. 

Der indische Begriff der Maya deutet eben dies an: Eine Vorstellung von etwas ist nur eine Vorstellung, und das gilt für alle unsere Vorstellungen. Das, was etwas repräsentiert, darstellt oder bedeutet, ist nicht das Repräsentierte, Dargestellte, Bedeutete. Ausnahme: das Selbstreferentielle.

Das Postfaktische

Nun hat die Beschäftigung spirituell bewegter Menschen mit dem Begriff Maya leider dazu geführt, dass der Unterschied zwischen bewusster Täuschung (Lüge) und unbebewusster Täuschung (Irrtum) verwischt wurde, und auch der zwischen wahrgenommenen und evtl. gut bestätigten Fakten (untersubjektiv mitteilbaren und überprüfbaren Aussagen über die Außenwelt) und Fiktionen (Vorstellungen von etwas, die nicht in einfacher Weise etwas tatsächlich Vorhandenes abbilden). Auf diese Weise hat die Seichtspiritualität der vergangenen Jahrzehnte, wie sie sich exemplarisch etwa in dem Weltbestseller »The Secret« zeigt (siehe mein Blogeintrag von vorgestern), zur Popularität des Postfaktischen unserer Tage beigetragen – wobei »postfaktisch« ein ironischer oder sogar zynischer Begriff ist, denn das Faktische ist in dieser Sichtweise nicht überwunden, sondern nur in seiner Relevanz degradiert. 

Die Spiris wissen es nicht, merken es nicht und hören es nicht gerne, dass ihre unkritische Betrachtung unserer menschlichen Wahrnehmung und des darin Unterscheidbaren den gegenwärtigen Rechtspopulismus mit vorbereitet hat. Ein Populismus, in dem sich Donald Trump nun erlauben kann, das bisschen grüne Politik zu demontieren, das Obama trotz starker Lobbyisten im Weißen Haus hat durchsetzen können, und in dem die USA nun noch stärker aufrüsten als schon unter Obama und die Republikaner außerdem versuchen, das bisschen Sozialstaat, das es unter den Demokraten gab, nun wieder abzuschaffen, um einem noch krasseren Kapitalismus freie Bahn zu geben. 

Das neue Paradigma

Dieses Problem ist nicht nur unseres. Es betrifft alle Länder der Erde. Auch wenn ich hier mit meiner ehemaligen Zielgruppe der spirituell Bewegten im deutschen Sprachraum besonders hart ins Gericht gehe, heißt das nicht, dass es für die drei Millionen Inder aus Kerala, die auf den Baustellen und in den Haushalten der Vereinigten Arabischen Emirate ausgebeutet werden, nicht gelten würde oder für die Bauern in Korea. Dieser Tage schreibe ich gerade für eine brasilianische Zeitung über »das neue Paradigma« und merke dabei, wie ähnlich das ist, was es in Brasilien an Veränderung braucht, im Vergleich zu dem in Deutschland Benötigten. Wir brauchen ein neues Finanzsystem, einen neuen Umgang mit der Umwelt und den Energiequellen, weltweit ein neues Wahlsystem, einen neuen Umgang mit Grenzen, sowieso eine bessere Art der Ernährung, dazu eine andere Art der Landwirtschaft, außerdem einen neuen Umgang mit Information, Bildung, Erziehung, Gesundheit und Heilung. Natürlich auch mit Beziehung, Gemeinschaft, Verkehr, Arbeit und Freizeit, also: ein neues Bewusstsein. Wir brauchen eine Bewusstseinsrevolution, die Schluss macht mit der Lagermentalität der Religionen, Staaten, Ethnien und so weiter, ohne dabei die Diversität zu reduzieren. 

Die Gestaltung der Identität

Hab ich mir damit nicht ein bisschen zu viel vor- und vor allem den Mund zu voll genommen? In den einzelnen Disziplinen wissen andere viel mehr als ich, aber mein Spezialgebiet, die Gestaltung der Identität, hat eben mit alledem zu tun, deshalb streife ich auch diese Themen. Wer das spirituell angehen will, klicke sich auf Nityas Blog ein, der schreibt dort unermüdlich, täglich, man kann das abonnieren und bekommt dadurch eine Art radikaler spiritueller Schulung, jeden Tag eine neue Lektion, jeden Tag etwas Neues zu verdauen. Und er ist nicht zimperlich, er ist kein Schönredner, der nur von Liebe und Harmonie spricht und das positive Denken empfiehlt.

Wer sich zu den Hochbegabten, Vielfachbegabten oder Hochsensiblen zählt – das sind erstaunlich viele – schaue sich das Video von Anne Heintze an. Sie gehört zu denen, die in Zeiten entmutigender Nachrichten aus der Politik am Ende dieses Videos mit einem kleinen Zahlenspiel darauf hinweist, dass auch Glück sich exponentiell ausbreiten kann: Wenn du heute 20 Menschen durch ein Zulächeln oder ein kleines Geschenk (z.B. an Aufmerksamkeit) glücklich machst und die wieder, angeregt durch dich, dies morgen mit jeweils 20 weiteren tun, ist damit am 8. Tag die gesamte Weltbevölkerung beschenkt. Selbst wenn sich nur ein Promille von dieser Utopie verwirklichen lassen sollte in hundert mal so viel Zeit wie hier veranschlagt, wäre das eine Revolution, die unsere menschliche Zivilisation und den Biotop retten würde. 

Empfehlungen und Termine

• Wie wär’s damit, Facebook zu ersetzen durch eine nicht-kommerzielle Institution, die unsere Freundschaftsnetzwerke verwaltet, ohne dass wir mit unseren privaten Daten bezahlen und uns dabei Werbung anschauen müssen? Das Ding heißt auch noch fast so wie Connection: Humanconnection. Es wurde 2016 von dem Trampolin-Unternehmer Dennis Hack gegründet unter dem Motto: »Das gemeinnützige soziale Netzwerk, das jedermann jeden Tag dazu einlädt, positiv zu denken und Gutes zu tun!«

• Für das UBI (universal basic income) oder BGE (bedingungsloses Grundeinkommen), das sogar in Indien schon jetzt finanzierbar ist, laut einem Bericht des neoliberalen Economist, und ein Fünftel der dortigen Bevölkerung aus der extremsten Armut befreien würde, gibt es jetzt in Deutschland eine Partei, grad gegründet, die zur Bundestagswahl antreten will und der man beitreten kann.

• Hier ist der Link zu der RTL-Sendung von Anfang Februar zum Thema Esoterik, die mich als »Faktenchecker« (nicht Fiktionschecker, grins) präsentiert hat. Freu mich über Feedback!

• Übernächstes Wochenende, 7.-9. April, bin ich auf dem BecomeLove-Festival im Essentis-Hotel Berlin, das nun zum dritten Mal stattfindet, mit einer noch herausragenderen Gruppe von Referenten und Präsentatoren als die vorigen Male, diesmal zum Thema »Kokreativität in der Liebe«. Ich präsentiere dort am Sonntag Vormittag einen kleinen Workship zum Thema des Festivals »Ohne dich wäre ich ein anderer« (das ist auch der Titel eines meiner Bücher). 

• Über Ostern bin ich auf dem BeFree-Festival auf Gut Frohberg in Sachsen, Nähe Meißen. Was da so abgeht, auf solchen Festivals, habe ich vor vier Tagen in meinem Blog beschrieben: Vom Wagnis ein Liebender zu sein.

• Auch dieses Jahr bin ich wieder auf dem Heartbeat-Festival. Es findet heuer vom 22. bis 27. August statt, wieder auf Schloss Buchenau. 

• Vor ein paar Tagen habe ich im Blog unter der Überschrift »Wir hätten es kommen sehen müssen« aus einem Connectionheft von vor 9 Jahren meine damalige Rezension des Weltbestsellers »The Secret« zitiert. Wer mehr lesen will aus den legendären alten Connection-Heften findet bei Syntropia eine Auswahl davon. Demnächst soll es außerdem eine Art von »Best of« von Connection-Artikeln in drei E-Books geben und auch als Print-on-demand. Deshalb: Stay connected! Zum Beispiel, indem du diesen Newsletter abonnierst und weiterempfiehlst.

Und weil ich diese Arbeit unentgeltlich tue, sozusagen ‚ehren’amtlich: Man darf mir auch etwas dafür spenden! Am besten einen (kleinen oder großen) Betrag jeden Monat (jeder Euro zählt), das hebt den Spirit und lässt mich noch lieber weiter machen als eh schon. Auf die IBAN: DE 58 740 618 130 000 326 550 von Wolf Schneider, im Betreff »Spende fürs Blog«. Vielen Dank an diejenigen, die das schon tun!!!

Mit herzlichem Gruß

Wolf

schneider@connection.de