Theoretisch müsste es klappen, nur praktisch gelingt es nicht, verflixt nochmal. Nein, behaupte ich. Wenn es in der Praxis hapert, dann fehlt es auch in der Theorie, denn die Theorie ist dazu da, eine gute Praxis zu ermöglichen. Wenn die gute Praxis nicht ihre Wirkung ist, dann ist es auch keine gute Theorie. Eine Theorie, Philosophie oder Ethik, die sich nicht umsetzen lässt, ist nur gut für den Kopfschmuck ihrer Promoter und sollte besser biologisch nachhaltig entsorgt werden.

Moralisieren, bringt’s das?

Ein Beispiel: Seit Jahrtausenden predigen die abrahamitischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) die Tugend und warnen vor der Sünde. Sogar die Ankündigung krasser Belohnungen (Himmel) und Strafen (Hölle) haben ihre Gläubigen, verglichen mit den Nicht-Gläubigen, keineswegs zu besseren Menschen gemacht. Da muss etwas an der Theorie nicht stimmen, behaupte ich, sonst wäre die Praxis (»Du sollst nicht töten« etc.) ein bessere. 

Welt ohne Grenzen

Auf das folgende Beispiel aus der Kultur des späten 20. Jahrhunderts zeigt ein Defizit in der Theorie, das zu einer schlechten Praxis führt. John Lennon (1940-1980) war einer der beiden Haupttexter der Beatles, der erfolgreichsten Band der Musikgeschichte. 1971 schrieb er zusammen mit Yoko Ono den Songtext »Imagine« und publizierte ihn als Leitmotiv des gleichnamigen Albums: 

Imagine there′s no heaven

It’s easy if you try

No hell below us

Above us only sky (…)

Imagine there′s no countries

It isn’t hard to do

Nothing to kill or die for

And no religion too (…)

I hope someday you′ll join us

And the world will be as one

Stell dir nur vor, es gäbe keinen Himmel, keine Länder, keine Religion, dann gäbe es keinen Grund zum Töten, und die Welt wäre vereint. Was für eine schöne Vision! Das war die Vision der 68er und der Hippies der 1970er Jahre. Auch die psychedelische Bewegung, die durch das Verbot von LSD 1967 so abrupt gestoppt wurde, war von dieser Vision begeistert und berauscht. Und es ist dies auch die Vision und tatsächliche Erfahrung der Mystiker und aller tiefreligiösen Menschen, die sich trotz der mächtigen religiösen Organisationen den Zugang zur Anderswelt (Gott, die Natur) nicht verbaut haben. 

Doch ach, es gibt da ein Problem. Die Fans der Grenzenlosigkeit haben etwas vergessen. Ihre Theorie vom Himmel der Grenzenlosigkeit ist deshalb keine gute. Sie schafft Probleme, weil sie den Sinn und Nutzen von Grenzen ignoriert. Sie verehren das Jenseits und verachten das Diesseits. Sie haben die Balance zwischen beidem verloren, vielleicht sogar nie gefunden, das macht sie ’schräg‘. Die Spitznamen ’schräge Vögel‘, Traumtänzer (Lennon: You may say I’m a dreamer),  Phantasten und Idealisten (Anhänger der idealen Theorie gegenüber der schnöden Praxis) haben sie insofern verdient. 

Auch das jahrzehntelange Verhätscheln von Kindern und ihre Erziehung zu kleinen Diktatoren hat mit dieser Ignoranz von Grenzen und der schnöden Praxis des Erziehens zu tun. 

Deshalb muss das Thema der Hingabe, der Demut und des Hinhaltens der anderen Wange besser verstanden werden.

Holons und das föderale Prinzip

Wer eine Welt ohne Grenzen predigt, lädt zu Übergriffen und zum Missbrauch ein. Das gilt im Privaten wie in der Politik. Schalte bei einem Leuchtglobus das Licht aus, so dass nur noch die physische Geografie zu sehen ist – wow, mit einem Mal sind die politischen Grenzen weg »and the world is one« (Lennon)! Ich fühle mich als Weltbürger und möchte statt einem deutschen Pass viel lieber nur noch einen Weltbürgerpass besitzen, oder gar keinen. Woodstock allüberall, was für ein Traum! So viel 68er und Hippie-Blut habe ich immer noch in mir, um diese Begeisterung nachfühlen es können. Woodstock allüberall wäre aber sogar bei besserem Wetter als damals, im August 1969, eher ein Alptraum als ein Traum. Denn so viele Flüchtlinge wie dann kämen, könnten die westeuroüäischen nicht aufnehmen, nicht versorgen, das Land nicht ordnen. 

Einen allmählichen Übergang zu einer föderalen Struktur der ganzen Welt jedoch halte ich für möglich, nach dem Prinzip der Subsidiarität: Was lokal entschieden werden kann, soll lokal entschieden werden. Was nur global entschieden werden kann, sie etwa der Schutz der Erdatmosphäre, der Weltmeere und die Abschaffung alles Militärs, muss global entschieden werden. 

Organisches Leben

Ein lebender Organismus enthält Organe, die aus Zellen bestehen. Die wiederum sind Ganzheiten aus Zellorganellen, die wiederum aus Molekülen bestehen, und so weiter. Und auch ’nach oben‘: Organismen sind Teil von Ökosystemen. Die gesamte organische Welt der Erde (Gaia) ist ein komplexes Gewebe aus hierarchischen, horizontalen und anderen verzweigten Strukturen (siehe die Myzele von Pilzen), in denen alle Teile einander brauchen. Ohne Zellmembranen würde das nicht funktionieren. So »grenzenlos verbunden« wir Menschentiere uns als Mystiker auf fühlen, ohne Mund und After würde der Stoffwechsel nicht funktionieren, und auch die Haut brauchen wir zum Leben. Deshalb: Ja, es ist alles eins. Aber es gibt auch überall Grenzen, ohne die gäbe es nicht einmal ein organisches Leben, geschweige denn Liebe und alle das, was uns sonst noch heilig ist.

Was wir nicht wissen wollen

Eine Studie von der Universität Heidelberg zeigt die Marginalisierung und die blinden Flecken unserer sogenannten »Qualitätsmedien«, die beanspruchen, die Welt einigermaßen realistisch und ausgewogen abzubilden. Das Dickschiff Mainstream hat in der Regel ein Megathema, meist ist es ein von Angst besetztes, von Befürchtungen angetriebenes, denn das bringt Auflage und Quote. Zwei Jahre lang war das Corona, dann kamen Putin und die Ukraine dran. Wird es als Nächstes China versus Taiwan sein? Andere wichtige Themen werden marginalisiert. Hungersnöte in Afrika? Kein Thema. Eine Million Rohinga-Flüchtlinge in Bangla Desh? Kein Thema. Egal wie viele im äthiopischen Bürgerkrieg starben – es waren Hunderttausende –, Ukraine und der böse Putin sind DAS Thema. Deshalb, ist doch logisch, müssen ‚wir‘ 100 Milliarden mehr in die Bundeswehr investieren und weitere, den Konflikt eskallerende Panzer dorthin schicken. Dank dem Fachjournalistenverband DFJV, dem ich angehöre, gibt’s hier noch einen zweiten Hinweis über Vergessene Welten und blinde Flecken, der sich ebenfalls auf eine Studie der Uni Heidelberg bezieht. Blinde »Flecken« des Bewusstseins halte ich allerdings für eine Beschönigung: Wir Menschen haben nicht etwa nur ein paar blinde Flecken, sondern eher ist unser Bewusstsein nur ein heller Fleck auf der Oberfläche des dunklen Ozeans des Unbewussten, und auch dieser helle Fleck wird nachts von unseren Träumen gekapert.

Frauen, Männer und andere …

Woher kommt der Elan, mit dem Transaktivisten ihr Thema in die Medien bringen und es an den Universitäten durchsetzen, bis hin zum Rausmobben Andersdenkender? Der Verdacht, dass das ein Ausdruck des verdrängten Wunsches nach Nondualität sein könnte, will mich nicht verlassen. Denn das Nonduale, die Einheit von allem, ‚versteckt’ sich doch im Offensichtlichen – sage ich, der so viel lieber im Sprachlosen wohnt als bei den Worten.

Und nicht nur die winzige Gruppe der Nonbinären ist »left out« (marginalisiert, ignoriert, unberücksichtigt). Auch ‚ganz Normale‘ mit ihrem sexuellen Problemen sind es, schreibt der Sexualtherapeut Marty Klein.

Ist das komisch? Mir, dem aus der Distanz drauf Schauenden, erscheint das als komisch. Andererseits ist es für die vielen Betroffenen, darin Befangenen, wohl doch eher tragisch. 

Als viel deutlicher komisch finde ich diesen lustigen Ratgeber (auf vice.com) von Frauen für Männer, die noch nicht viel über ‚das andere Geschlecht‘ wissen.

Veranstaltungen mit mir 

Der von mir geleitete Workshop: Liebe + Beziehung – Schluss mit lustig? im Ökodorf 7 Linden am WE 21. bis 23. April kostet 160 bis 240 € + U/V. Das Buch zum Workshop ist Sei dir selbst ein Witz. Anmeldung ist nur noch bis zum 10. April möglich.

Im BeFree Pfingstseminar Liebesglück durch Hingabe an das, was ist, vom 25.-29. Mai, bin ich einer der Co-Leiter. Es kostet 490 € + U&V. 

Ankommen bei mir selbst – dieses zweitägige Seminar im Upleven vom 16. bis 18.Juni kostet je nach Selbsteinschätzung zwischen 120 und 280 € + U&V. Seminarbuchung über mich, U&V-Buchung über das Haus der Stille.

Ankommen im Körper, in Beziehung, im Unendlichen auch dieses fünftägige Seminar im Upleven, vom 9. bis 14.9. 2013 leite ich allein. Es kostet je nach Selbsteinschätzung 250 bis 600 € + U&V. Auch hier Seminarbuchung über mich, U&V-Buchung über das Haus der Stille.

Das sechstägige Seminar Sinn finden vom 7.-13. Oktober zum Thema Sinn & Orientierung finden im Leben, leite ich zusammen mit Pea Krämer. Auch das findet im Upleven statt. Es kostet je nach Selbsteinschätzung 420 bis 1000 € + U&V. Unser Buch zum Workshop ist der Sinnfinder.

Ich bin angekommen. Bei sich selbst ankommen & Heimat finden, heißt der 3-Tage-Kurs vom 3. bis 6. Juni 2024 im Gästehaus der Abtei Münsterschwarzach. Kosten: 140 € + U&V.