Historischer Machtkampf als beklemmende Farce

The Death of Stalin Kinostart: 29.3.2018

Josef Stalin (1878-1953) errichtete ab 1922 eine totalitäre Diktatur in der Sowjetunion. 1927 hatte er alle innerparteilichen Konkurrenten ausgeschaltet. 1941, als Hitler die UdSSR überfiel, wurde er Oberbefehlshaber. Als Verbündeter der Westalliierten gegen Hitler erlangte er noch größere Bedeutung, ebenso im Kalten Krieg. Seinem System, dem Stalinismus, fielen 20 Millionen Menschen zum Opfer, 28 Millionen wurden deportiert. Stalin trieb die Industrialisierung seines Landes voran und kollektivierte die Landwirtschaft, was zu verheerenden Hungersnöten führte. Er verfolgte Intellektuelle, Künstler, Juden, Ärzte, es gab Schauprozesse, Folter, Massenerschießungen; im Grunde war niemand vor ihm sicher. Dennoch wurde er als Vater der Sowjetunion verehrt, es gab (und gibt) einen ungeheuren Personenkult um ihn. Eine Umfrage in der Sowjetunion im Jahr 2016 hat ergeben, dass 37% ihn positiv beurteilen, 32% gleichgültig sind und 17% ihn negativ bewerten.

Die genauen Umstände von Stalins Tod, lange verschleiert, nun weitgehend erforscht, wirken tragikomisch, er wurde das Opfer seiner eigenen Tyrannei.

Am 1. März 1953 erleidet Stalin nach einem üblichen Gelage in seiner Datscha in Kunzewo einen Schlaganfall. Er hatte sich bereits zurückgezogen, und niemand wagt, ohne seinen ausdrücklichen Befehl in seine Privaträume einzutreten. Auf solche Eigenmächtigkeit steht Deportation oder die Todesstrafe. So wird er erst am nächsten Morgen in einem „unwürdigen Zustand“ gefunden. Er ist bei Bewusstsein, kann aber nicht sprechen. Die besten (jüdischen) Ärzte sind inhaftiert oder bereits exekutiert. Seine Diadochen, die Mitglieder des Zentralkomitees, schwanken zwischen Vertuschung der Lage, Versuchen, das Leben des Diktators zu retten und Machtkämpfen um die Nachfolge. So entsteht ein groteskes Gerangel auf mehreren Ebenen, bis Stalin am 5.3. stirbt. Auch die Inszenierung der Beerdigung ist von Rivalitäten geprägt, in die sich nun auch die Kinder Stalins, Swetlana und Wassilli einmischen.

Die unglaubliche aber wahre Geschichte von Stalins Tod inspirierte Fabien Nury und Thierry Robin zu einer Graphic Novel, und darauf basiert nun der Film „The Death of Stalin“ von Armando Iannucci, bekannt durch bissige englische Fernsehserien. Die fabelhaften Darsteller sind u.a. Steve Buscemi (Chruschtschow), Simon Russel Beale (Beria), Jeffrey Tambor (Malenkow), Michael Palin (Molotow), Paul Whitehouse (Mikojan), Jason Issaacs (Schukow), und Adrian Mcloughlin (Stalin).

Entstanden ist eine rabenschwarze, satirische Komödie, bei der einem oft das Lachen im Hals stecken bleibt, weil man weiß, dass all die monströsen Charaktere und Grausamkeiten wahr sind. Das Absurde ist real und tödlich. Und es kann wieder auftreten. In Russland wurde der Film verboten, was ausdrücklich keine Zensur sein soll …aber patriotische Gefühle könnten verletzt werden.