Tal der Liebe           ab 21. Januar 2016 im Kino

„Valley of Love“ – „Tal der Liebe“. Oh je, dachte ich, ein Softporno. Aber nein, der Film von Guillaume Nicloux (Drehbuch und Regie) ist ein sehr gut gemachtes Beziehungsdrama mit Isabelle Huppert und Gérard Depardieu. Aber beim „Oh je“ bleibt es trotzdem – angesichts des esoterisch aufgemotzten Rahmens der Geschichte. Dazu später mehr.

Wir sehen Isabelle, die in einem Motel im Death-Valley-Nationalpark ankommt, eincheckt und über das weitläufige Gelände zu ihrem Zimmer geht. Es ist November, aber zugleich ewiger, brütend heißer Hochsommer an der Grenze von Kalifornien und Nevada. Die komfortable Anlage mit Restaurants und Pools ist eine Allerwelts-Tourismus-Oase inmitten einer Wüste mit grandioser Bergkulisse.

Bald kommt auch Gérard an und trifft Isabelle. Die Beiden waren früher verheiratet, sind längst geschieden und hatten lange keinen Kontakt mehr. Der Background ihrer Figuren ähnelt dem im richtigen Leben: Sie sind bekannte französische Schauspieler, die auch unter Amerikanern Fans haben, wie in einigen sehr komischen Szenen ausgeführt wird.

Und nun kommt das Spannende, aber Unwahrscheinliche , der überkonstruierte Grund ihres Wiedersehens in dieser lebensfeindlichen Gegend: Der gemeinsame Sohn hat mit einunddreißig Jahren vor ein paar Monaten in San Francisco Selbstmord begangen und seinen Eltern Briefe geschickt, in denen er sie zu diesem Stelldichein verpflichtet. Er schreibt ihnen vor, wann sie gemeinsam welche Orte in der Umgebung besuchen sollen, und verheißt , dass er ihnen am Ende persönlich erscheinen wird. Wenn entsprechend vorgebildet, soll man da wohl an den auferstandenen Jesus und die Emmaus-Jünger oder den ungläubigen Thomas denken. Das ist etwas viel verlangt.

Doch dieses Szenario und die ausgezeichneten Dialoge bieten den beiden Schauspielern die Möglichkeit, sich in Hochform zu zeigen. Zuletzt standen sie 1980 in „Der Loulou“ gemeinsam vor der Kamera. Jetzt reflektieren sie vergangene und gegenwärtige Beziehungen, streiten und nähern sich an, bedenken die Endlichkeit auch ihres Lebens und entwickeln eine neue Fürsorglichkeit. Gérard, im Zustand fortgeschrittener Obelixierung seines Körpers, keucht und schwitzt sich trotzdem mit einer gewissen Eleganz durch die sonnendurchglühte Landschaft. Isabelle, neben ihm noch zierlicher wirkend, ist nur scheinbar die Stärkere. Es ist faszinierend, diesen Beiden beim wütenden und nachdenklich-klugen Umkreisen von Lebensfragen zuzusehen.

Ob der tote Sohn am Ende – wie angekündigt – leibhaftig erscheint, ist eigentlich egal. Huppert und Depardieux sind unbedingt sehenswert.; und das Tal des Todes als Tal der Liebe – das hat was.